Die Suche nach einem Rollenspiel – Teil 1: Rolemaster

Zwei Begriffe, die eher nicht zusammengehören: „Rolemaster“ und „regelleicht“. Der flüchtige Blick ins deutsche Grundregelwerk aus dem Jahr 2007 zeigt, worum es geht: Um Zahlen und Tabellen. Die letzten 30 Seiten sind fast ausschließlich Listen für den Kampf. Kleinteilig trifft es als Beschreibung gut. Und kleinteilig ist das, was ich eher nicht mag.

Interessant ist allerdings die Verknüpfung mit Aborea, der offiziellen Spielwert der deutschen Rolemaster-Ausgabe. Beide Systeme sollen zum Teil kompatibel sein, wodurch zusätzliches Spielmaterial zur Verfügung steht. Das ist ein Pluspunkt. Doch der Knackpunkt sind die Regeln.

Rolemaster, so ist bei Wikipedia zu lesen, ist eines der umfangreichsten und detailliertesten Rollenspielsysteme. Scherzhaft wird Rolemaster auch als „Rulemaster“, „Rulemonster“ oder „Rollmaster“ genannt.

Wie die Regeln funktionieren, wie gut oder schlecht und wie sehr sie womöglich das Spiel behindern, zeigt sich häufig im Kampf. Das Kampfbeispiel aus dem Rolemaster-Grundregelwerk ist wenig ermutigend:

Rollo, mit Schild und Breitschwert ausgerüstet, kämpft gegen einen Orkkrieger mit Krummsäbel. Beide Kämpfer benutzen die Angrifftstabelle für 1-Hand Klingenwaffen A-10.9.2.

Warum muss ich hier bereits an Asterix erobert Rom denken? „Wir hätten gerne den Passierschein A 38.“

Rollo hat eine Rüstungsklasse von 9 und einen Defensivbonus von +29. Sein Fertigkeitsbonus mit dem Breitschwert beträgt +65 (die ist also sein Offensivbonus, „OB“). Der Ork verfügt über eine Rüstungsklasse von 13, besitzt einen Defensivbonus von +15 und einen Offensivbonus von +69 mit dem Krummsäbel.

Mal abgesehen von den hohen Zahlenwerten: Es gibt also einen Wert für Angriff, Verteidigung und Rüstung. Klingt machbar.

Der Ork greift Rollo an und würfelt eine „91“ – addiert seinen OB +69 hinzu und subtrahiert Rollos DB von 29 – er erzielt damit eine „131“.

Kopfrechnen schadet nie. 91+69-29 im Kopf auszurechen ist kein Ding der Unmöglichkeit. Aber möchte ich das? Am Spieltisch? Bei jeder Attacke mit drei Werten zwischen 0 und 100 jonglieren?

Das Resultat des Angriffs ermittelt sich aus dem Ablesen der Spalte für die Rüstungsklasse „9“ mit der Zeile für den Wert „131“. Dort findet sich „18D“.

In eher schlanken Regelsystemen würfele ich mit meinem Angriffswürfel, addiere meinen Angriffswert und vergleiche das Ergebnis mit dem Verteidigungswert des Gegners. Habe ich getroffen, würfele ich den Schaden aus. Das geht meist flink von der Hand.

Hier muss ich erst würfeln, dann addieren, dann subtrahieren, dann das Ergebnis in einer Tabelle mit der Rüstungsklasse vergleichen, woraus sich der Schaden ergibt. Flink ist anders. Immerhin gibt es keine aktive Parade, die den Kampf in die Länge zieht.

Rollo erhält 18 Trefferpunkte und einen kritischen Treffer der Intensität „D“. Der Typ der kritischen Treffers ist „Schnitt“ und ein weiter Würfelwurf zur Ermittlung des kritischen Treffers wird ausgewürfelt.

Schon wieder würfeln, schon wieder eine Tabelle. Diesmal Tabelle A-10.10.4 „Kritischer Schnittschaden“. Wen es interessiert: Tabelle A-10.10.3 beschreibt kritischen Schlagschaden und A-10.10.6 den kritischen Ungleichgewichtsschaden und A-10.10.9 kritische Spruchtreffer gegen Wesen.

Der Ork würfelt eine „17“, Glück für Rollo. Die Ermittlung des Ergebnisses durch Ablesen von „17“ in der Spalte „D“ der Tabelle führt dazu, dass Rollo zwei weitere Trefferpunkte und einen „-10“-Modifikator für alle Aktionen erhält.

Im Wortlaut seht in der Tabelle: „Du legst Dich in den Schlag und schlitzt die Seite des Gegners auf.“ Das ist typisch für Rolemaster, es ist in jeder Hinsicht detailreich. Kompliziert sind die Regeln zwar eher nicht. Doch nahezu jede Spielsituation scheint in dieser Form geregelt zu sein. Dieser Detailgrad und die Flut an Zahlen und Tabellen ist nicht meine Sache. Sehr kleinteilig und detailliert geregelte System empfinde ich während des Spiels als Behinderung. Rolemaster ist nichts für mich.

 

 

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