Es fehlt die Härte. Oder die Weichheit. Je nachdem. Aber häufig fehlt etwas. Mir zumindest.
Wer über Science Fiction redet, kann vieles meinen. Autor Norman Spinrad hat das so formuliert:
Science Fiction ist alles, was als Science Fiction veröffentlicht wird.
Das ist eine geschmeidige Definition, die vor allem eins tut: Sie vermeidet fruchtlose Glaubenskämpfe. Der Streit, wie gute oder richtige Science Fiction auszusehen hat, ist damit erledigt. Norman Spinrad legt mit seiner Definition die Deutungshoheit über das, was Science Fiction ausmacht, in die Hände der jeweiligen Betrachter.
Und als einer dieser Betrachter kann ich nur feststellen: Mir fehlt bei Science Fiction häufig die Härte. Oder eben die Weichheit.
Science Fiction ist für mich vor allem das Fortschreiben aktueller Entwicklungen in die Zukunft. SciFi-Geschichten sollten ein Bild des Möglichen zeichnen und einen Blick auf die Folgen unseres Handelns werfen. Science Fiction ist mehr als ein Raumschiff, das durchs All rast. Deswegen gefällt mir die Unterteilung in harte und weiche Science Fiction sehr. Sie wirft ein Schlaglicht auf die erzählerischen Möglichkeiten.
Harte und weiche Science Fiction
Harte Science Fiction konzentriert sich auf wissenschaftliche und technische Entwicklungen und Möglichkeiten. Im Mittelpunkt der Handlung stehen häufig Naturwissenschaften und der technische Fortschritt. Die eingeführten Technologien, Phänomene und Situationen sollten möglichst akkurat, logisch, glaubhaft und präzise erklärt und praktisch oder zumindest theoretisch möglich sein (auch wenn manche Ausnahmen weit verbreitet sind).
Gute Erinnerungen an ein hartes SciFi-Setting verbinde ich mit BattleTech. Zugegeben, zehn Meter hohe humanoide Kampfmaschinen und Sprungschiffe, die mit Überlichtgeschwindigkeit durchs All hüpfen, klingen nicht sehr glaubhaft. Dennoch legt BattleTech Wert auf eine plausible Erklärung und Herleitung der beschriebenen Technologien. BattleTech hat mich damals immerhin dazu gebracht, mir anzusehen, wie Reisen durch Weltall eigentlich funktionieren.
Dieser harten Science Fiction, die sich auf Naturwissenschaft und Technik konzentriert, steht die weiche Science Fiction gegenüber. Weiche SciFi-Geschichten rücken typisch geisteswissenschaftliche Themen in den Mittelpunkt und befassen sich mit politischen, gesellschaftlichen oder philosophischen Entwicklungen und Fragen.
Was kann Science Fiction leisten?
Harte und weiche Science Fiction zeigen die Möglichkeit, die SciFi-Geschichten bieten. Vielleicht bin ich idealistisch – oder naiv – aber ich glaube, dass Science Fiction mehr sein kann als nur Unterhaltung. Gute Science Fiction kann auf unterhaltsame Weise zum Nachdenken anregen, Neugierde wecken und ein wenig den Horizont erweitern. Das ist schon eine Menge. Gute Science Fiction ist intelligente Unterhaltung, von der es in Deutschland viel zu wenig gibt. Anspruch und Unterhaltung scheinen hier häufig ein Gegensatz zu sein.
Wenn Science Fiction jedoch gut ist, ist sie nicht nur unterhaltsam, sie hat einen Anspruch. Sie hat den Anspruch, den Leser zum Nachdenken anzuregen – und muss zugleich den Ansprüchen der Leser entsprechen, die erwarten, dass sich der Autor Gedanken gemacht hat.
Wer sich für Wissenschaft und Technik interessiert, für Physik, Astronomie oder Raumfahrt, wird sich vielleicht auch für SciFi-Geschichten interessieren, in denen diese Themen kundig aufgegriffen werden. Andersrum können gelungene SciFi-Geschichten das Interesse an Wissenschaft und Technik oder auch gesellschaftlichen Entwicklungen wecken.
Voraussetzung ist stets, dass SciFi-Geschichten die Themen aus den Bereich der harten oder weichen Science Fiction gekonnt umsetzen. In diesem Sinne geht meine Definition der Science Fiction über die von Norman Spinrad hinaus. Damit eine Geschichte für mich Science Fiction ist, reicht es nicht, dass eine Geschichte als Science Fiction tituliert wird. Ich brauche die, nun ja, eben die Härte. Oder die Weichheit. Je nachdem.
4 Gedanken zu “Meine Definition von Science Fiction”
Gerade vorhin hab ich einen alten Artikel von Settembrini gelesen, der schrieb, dass Science Fiction die Auswirkungen der Technik auf die Gesellschaft behandelt, und CSI als Beispiel anführte.
Nur das bei CSI die Technik keine Auswirkungen auf die Gesellschaft hat: die Leute begehen Verbrechen und werden dabei (manchmal) erwischt, das ist ein so alter Hut wie die Menschheit. Wie genau sie erwischt werden, ist nur Glasur auf dem Kuchen.
Insgesamt würde ich diese These also als abwegig einstufen (erschwerend kommt hinzu, dass man jede SciFi-Story auch als Western, Fantasy oder Moderne erzählen kann).
Uff. Ich muss Nachdenken. Mich stört auf einer Instinktiven Ebene gerade etwas ganz gewalltig (schon wieder) an deinen Ausführungen. Ich kann gerade nur nicht ganz genau den Finger drauf halten, was.
Und das ich den Punkt, dass der Betrachter nach Spinrads Äußerung irgendein Mitspracherecht in der SciFi hat, wiedersprechen würde, habe ich ja schon zur genüge breitgetreten. 😉