Der Aventurische Bote macht es seinen Lesern nicht leicht, sich über aktuelle Entwicklungen in Aventurien zu informieren. Das Magazin möchte eigentlich den Lauf der aventurischen Geschichte im Stil einer Zeitung dokumentieren. Dabei soll „die Geschichte des Kontinents aus Sicht aventurischer Berichterstatter fortgeschrieben“ werden, wie es auf der Ulisses-Homepage heißt. Das gelingt jedoch in vielen Fällen nicht.
Die Texte im Ingame-Teil des Aventurischen Boten gleichen in ihrer Form eher Romantexten als Nachrichten, sie sind eher literarische Prosa als informierender Bericht. Das wäre auch völlig in Ordnung – hätte der Bote nicht eben den Anspruch, über das Geschehen in Aventurien informieren zu wollen. Als Informationsquelle aber ist der Bote nur eingeschränkt nutzbar.
Der Bote in seiner gegenwärtigen Form ist eine unterhaltende Begleitlektüre zum aventurischen Geschehen. Wer sich vom Boten jedoch Nachrichten und Berichten über aktuelle aventurische Ereignisse erhofft, muss sich auf Arbeit einstellen. Die wichtigen Informationen werden von stimmungsvollen aber nebensächlichen Textpassagen verdeckt. Eine Einordnung der Ereignisse fehlt häufig, wichtige Zusammenhänge oder Hintergründe werden nicht erklärt. Die Boten-Texte konzentrieren sich auf die Verbreitung von aventurischem Flair und vernachlässigen die Vermittlung von Neuigkeiten. Der Aventurische Bote ist in einem Wort: unübersichtlich.
Der bunte, vielfältige und subjektive Ansatz des Aventurischen Botens ist an sich eine gute Idee. Wer den Boten liest, erwartet nicht den nüchternen Stil einer herkömmlichen Tageszeitung. Doch eins sollten die Texte schon sein: lesefreundlich. Dazu gehört, dass die wichtigsten Informationen den Leser auch erreichen. Die Texte sollten sich daher an einem Grundprinzip jeder Berichterstattung orientieren: Das Wichtigste, der Kern, kommt zuerst.
Im Aventurischen Boten hingegen erfahren die Leser erst spät, worum es in dem Text geht. Meist nicht am Anfang, tweilweise nicht mal im zweiten oder dritten Absatz. Auch die Überschrift hilft nicht immer weiter. Die wichtigsten Informationen müssen die Leser mühsam aus dem Text filtern.
Der aktuelle Aventurische Boten 158 verdeutlicht das Problem. Als Beispiel seien die ersten Sätze folgender Artikel zitiert:
Acht heilige Götterläufe waren vergangen, seit der vormalige Hüter der Flamme Hilperton Asgareol seinen flammenden Lebensatem zum Schutz beider Völker des Koschs ausgehaucht hatte, um das Land vor den unheiligen Flammen des Alagrimm zu erretten.
Das sonst so beschauliche, malerische am Halwartsstieg gelegene Städtchen Orgilsheim kennt seit dem Tod des vielumtrauerten Herzogs Jast Gorsam vom Großen Fluss keine Ruhe mehr: Baron Ulfried von Streitzig ä.H., der bisherige Herr dieses Landstriches, war ein enger Jugendfreund des verblichenen Herrschers.
Einige Zeit ward es ruhig um eben jenes Thema, das in der Königsstadt am Kap für viel Gesprächsstoff gesorgt hatte: die Errichtung der neuen Werft. Diese nämlich verspräche Auskommen für manch einen Tagelöhnerm der sich udn vielleicht eine Familie zu versorgen hat, und schürte daher bei mehr als nur einem Arbeiter große Hoffnungen.
Die Bemühungen einer Donnerbacher Ritterin, in der Ebene von Hardop zu siedeln, fanden im Winter 1034 BF ein unrühmliches Ende. Doch die Menschen des Fürstentums stünden heute nicht, wo sie stehen, ließen sie sich allzu leicht ins Bockshorn jagen.
Worin die eigentlich Nachricht besteht, lässt sich in diesen Beispielen bestenfalls erahnen. Das Wichtigste steht erst in späteren Sätzen. Manchmal erschließt sich der Kern auch noch später.
Es gibt im aktuellen Boten auch Gegenbeispiel, in denen die Vermittlung der wichtigen Informationen besser klappt:
Nach neun Jahren Bauzeit ist endlich die fürstliche Residenz, das Wasserschloss Thalessia, wieder vollendet. Damit geht ein großer Wunsch Seiner Durchlaucht Blasius vom Eberstamm gerade rechtzeitig zu seinem 68. Tsatag in Erfüllung.
Herzog Graf von Engasal hat bekannt gegeben, dass sein Reich sich ebenfalls an der Erforschung Uthurias beteiligen will.
Unterm Strich bleibt aber: Sich mit dem Aventurischen Boten über das aktuelle Geschehen informieren zu wollen, ist äußerst mühsam.
5 Gedanken zu “Der Aventurische Bote informiert nicht”
Anscheinend hält sich die Redaktion nicht an journalistische Grundsätze wie die Nachrichtenpyramide (wichtiges zuerst, danach je nach Platz weitere Hintergründe etc.). Aber gut, DSA-Metaplot interessiert mich nicht so sehr.
Könnte daran liegen, dass nunmal Fantasy-Autoren und keine Journalisten an DSA arbeiten…
Hiermit triffst du vollkommen meinen Nerv – das ist mein persönlicher Kritikpunkt am Aventurischen Boten schon seit vielen vielen Jahren.
Eigentlich hatte ich gehofft, dass sich das mit der Trennung von Ingame und „Buntgemischtesallerlei“=offgame ändern würde, aber es hat sich augenscheinlich nichts getan.
Mein Ziel als Meister ist es nämlich immer gewesen, den Helden den Boten vorzusetzen – als ingame-Quelle. Wenn ich das nicht kann, hat der Bote sein Ziel vollkommen verfehlt und ist überflüssig. Er ist damit nämlich keine „Aventurische Zeitung“, sondern ein Rollenspielmagazin, was in einer Welt, die mit und durch den Metaplot lebt (bitte jetzt nicht hierüber diskutieren – ich finde den Metaplot toll und ein Aventurien ohne ihn wäre für mich kein Aventurien), eigentlich überflüssig ist. Warum sonst sind reine Rollenspielmagazine wie Wunderwelten oder Wunderwerk online eingestellt worden? Weil sie niemand möchte!
Was mache ich also (hierfür ein großes großes Dankeschön für den digitalen Boten) – ich bearbeite alle Texte, bevor ich sie den Spielern zur Verfügung stelle. Unsäglich mühsam und arbeitsintensiv 🙁
Nunja… Aber die „Aventurische Zeitung“, die der Bote ja vor seinem Neudesign war, war ja auch nicht der Knaller. Da gab es ellenlange Artikel zu uninteressanten Ereignissen auf Junkergut XY…