Das war’s also. DSA ist tot. Oder so gut wie. Das bekannteste deutsche Rollenspiel röchelt seinem Ende entgegen. Ein paar letzte Produkte werden noch ausgehustet. Dann beginnt das lange Siechtum. Der Verfall. Bis Schluss ist. Endgültig.
Oder?
Die jüngsten Veränderungen bei Ulisses verleiten manche DSA-Spieler zu gar apokalyptischen Prophezeiungen. Die Reaktionen sind verständlich. Hätte mir jemand vor ein paar Wochen erzählt, dass vier von fünf festangestellten Redakteuren den Verlag verlassen werden – ich hätte die Untergangsstimmung geteilt. Oder die Nachricht für einen verfrühten Aprilscherz gehalten.
Dabei gibt es keinen Grund für Trübsal.
So merkwürdig ich die Informationspolitik von Ulisses Spiele in den letzten Tagen auch fand, die Gründe für die Veränderungen leuchten ein. Mit den Umstrukturierungen will der Verlag nach eigenen Aussagen eine schnellere Reaktionszeit der Redaktion, leichtere Absprachen und klarere Entscheidungsstrukturen schaffen. Vor diesem Hintergrund sind die bislang getroffenen Entscheidungen sinnvoll.
Doch der Reihe nach. Was ist passiert:
1. Die Redaktion wird zusammengezogen
Künftig soll von Waldems aus die Arbeit an den Produkten koordiniert werden. Ulisses ist der Ansicht, dass eine zentrale Redaktion diese Aufgaben effektiver und zeitnaher leisten kann. Dem lässt sich nicht widersprechen – auch nicht in Zeiten des Internets. Vielleicht bin ich etwas altmodisch, aber in meinen Augen kann nichts den direkten zwischenmenschlichen Kontakt ersetzen. Das gilt auch im Arbeitsalltag.
2. Die erweiterte Redaktion wird aufgelöst
Gestern verkündete Ulisses die Auflösung der erweiterten Redaktion. Bislang gab es über Deutschland verteilt eine stattliche Zahl freiberuflicher und festangestellter Redakteure. Die bisherige Aufgabenverteilung ist für mich selten ersichtlich gewesen. Als Außenstehender habe ich jedoch vereinzelt den Eindruck gehabt, dass es an klaren Zuständigkeiten mangelte und zu Kompetenzgerangel gekommen ist. Vielleicht täuscht dieser Eindruck aber auch. Unabhängig davon halte ich es für mühselig und ineffizient, eine solch große Zahl von Redakteuren zu koordinieren, die sich alle irgendwie in das offizielle Aventurien einbringen wollen.
Künftig werden in der Redaktion in Waldems die Fäden zusammenlaufen. Diese wird Bandredakteure ernennen, die die Verantwortung für die Arbeit an einem einzelnen Produkt tragen. Als Außenstehender ist für mich dadurch die Aufgabenverteilung deutlicher zu erkennen. Wenn die Redaktion darauf achtet, sich nicht vom kreativen Input der freien Autoren abzuschneiden, kann ich in dieser Umstrukturierung nichts Negatives erkennen.
3. Festangestellte Redakteure werden entlassen
Patric, Götz, Chris Gosse, Uli Lindner und Thomas Römer sind keine festangestellten Redakteure mehr, bleiben DSA aber teilweise als freie Autoren erhalten. Insbesondere der Abschied von Thomas Römer aus der Redaktion wird von Spielern sehr kritisch gewertet. Manche sehen in ihm den einzigen DSA-Macher, der den Metaplot umfassend überschaut. Ich kann nicht beurteilen, ob dies tatsächlich der Fall ist. Aber allein diese Befürchtung spricht nicht für die bisherige Entwicklung des Schwarzen Auges.
DSA ist zu einem enorm komplexen Gebilde geworden. Das trifft offenbar nicht nur auf das Regelsystem zu, sondern auch auf die Handlungsfäden. Gab es wirklich nur noch einen Redakteur, der all die Handlungsfäden überblickt, sollte Ulisses eins tun: Innehalten und nachdenken, ob diese Entwicklung wünschenswert ist. Aus den bisherigen Mitteilungen kann ich nicht herauslesen, ob Ulisses dies tun wird. Ich hoffe es aber.
Mein Fazit:
Durch die Umstrukturierungen sehe ich DSA auf einem guten Weg. Der teilweise Rückzug von mehreren guten Autoren ist zwar bedauerlich. Aber insgesamt scheint Ulisses eine umfassende Professionalisierung anzustreben. Für die Zukunft lässt das hoffen.
20 Gedanken zu “(K)ein Aprilscherz – DSA auf gutem Weg”
Eine Frage hätte ich: Wo siehst du die bisherige Planung der lebendigen Spielwelt in Zukunft angesiedelt? Das war nicht nur eine große Aufgabe der Kernredaktion (die vor allem auch viel selbst schreiben sollte), sondern auch Aufgabe der erweiterten Redaktion. Bisher hat Ulisses aber nicht gesagt, wer das in Zukunft übernehmen soll.
Das ist ein Aspekt, den man nicht vergessen sollte, wenn man an positive Entwicklungen aus den ganzen Sachen der letzten zwei Wochen glaubt.
Schön, dass Du Dich direkt mit einem Kommentar zu Wort meldest. Ich wollte ursprünglich nämlich auf Deine Äußerung in irgendeinem Forum eingehen, mit der Du die schlechte Einbindung der freien Redakteure kritisiert hast (wenn ich mich richtig erinnere). Da mein obiger Text aber schon so lang geworden ist, habe ich darauf verzichtet.
Jetzt habe ich die Gelegenheit dazu. 😉
Ich sehe die Entwicklung der lebendigen Spielwelt bei der Waldems-Redaktion aufgehoben. Ob das Ulisses so plant, weiß ich nicht. Ob die Redaktion momentan dazu in der Lage ist, weiß ich auch nicht. Aber da gehört die Aufgabe hin. Nicht in die erweiterte Redaktion. Von freien Autoren sollte man sich Input holen oder ihnen den Auftrag für die Weiterentwicklung einzelner Teilbereiche geben. Die Entwicklung der großen Handlungslinien liegt aber allein in der Hand der Redaktion.
Das muss aber nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Das ist nur meine persönliche Meinung. Von guten Argumenten lasse ich mich gern überzeugen. 🙂
Ich hätte aber ohnehin nichts dagegen, wenn das Tempo bei der Entwicklung der Spielwelt stark gedrosselt wird. So interessant die lebendige Spielwelt auch sein mag, entstehen dadurch auch die ein oder anderen Probleme für das Spiel.
Du siehst es auch völlig richtig, die Entscheidungskompetenz der fortlaufenden Spielwelt MUSS beim Verlag bzw. seinen Angestellten liegen. Das war auch bisher so. Die erweiterte Redaktion hingegen war ein Gremium, die hier den festen Redakteuren viel Arbeit abgenommen hat und auch einfach gesammeltes Know-how geboten hat. Als festangestellter Redakteur hast du nämlich normalerweise gar nicht die Zeit, das alles selbst zu machen, denn der Verlag erwartet (ebenfalls zu Recht) Produkte und Texte von dir. Was ich befürchte ist, dass die Planungsarbeit an Aventurien stark leidet abseits konkreter Produkte oder dass Daniel und Alex sich absolut aufreiben mit der Vielzahl ihrer Aufgaben. Sie müssen jetzt nicht nur zu zweit stemmen, was vorher 5 Leute gemacht haben. Sie müssen stemmen was 5 Leute mit der Hilfe der erweiterten Redaktion gemacht haben. Das ist meiner Meinung nach ein recht undankbarer Job.
Ich stimme sogar insgesamt zu, dass es nicht zwingend alles negativ ist, was derzeit passiert. Ich denke zwar es wird so sein, kann da aber auch eines Besseren belehrt werden. Aber jetzt zwingend etwas Positives aus der Kappung aller bisherigen Strukturen abzulesen leuchtet mir auch nicht ein. Was daraus wird kann einzig die Zukunft zeigen.
Ich bin da völlig optimistisch eingestellt. Ich habe mit den Autoren, die hinter den DSA Produkten stecken, nie viel verbunden. Von daher blicke ich der DSA-Zukunft positiv entgegen und hoffe darauf, dass die „Neuen“ kreativ an einer DSA5-Edition arbeiten, den jetzigen Regelmoloch bändigen und über Bord werfen 😉
Zum selben Thema ein Kommentar mit einem skeptischeren Fazit (nichtsdestotrotz sachlich und argumentativ hochwertig, wie der Deinige):
http://www.dsa4forum.de/viewtopic.php?f=82&t=24797&p=1005686#p1005686
Klare Strukturen kann man auch anders schaffen, schnelle Reaktionszeit auch.
Will man neue Wege gehn, kann man das doch auch sachlich mit einem Arbeitskreis besprechen.
Das sind für mich vorgeschobene Argumente, und dadurch schlechte Kommunikationspolitik, und sowas kann ich nicht gut heissen. Will der Verlag etwas erreichen, sollte er das auch seinem Kunden gegenüber offen sagen können.
Wie dem auch sei. Ich wundere mich eher über das stoische „das ist Verlagssache“ „die werden schon wissen“ im Ulisses Forum. Das kritische Geister dort eher ungern gesehen werden weis man ja, aber das die Leute die gestern noch meinten das sie DSA lieben plötzlich meinen, die Leute die dieses DSA kreiiren weniger wichtig sind als der Verlag, der sie anstellt… versteh ich nicht. Autoren/Redakteure kann man nicht einfach austauschen, ohne dass das was sie schreiben mit ihnen geht…
@Alle Nörgler (nicht unbedingt in den Kommentaren zu diesem Artikel):
Meine Güte, Veränderungen passieren nun einmal. Manche sind kleiner, andere haben halt einen größeren Umfang. Ich verstehe nicht, wieso jetzt schon geheult wird, dass die Veränderungen schlecht sind. Bisher wurde durch das neue Autorenteam usw. doch noch gar nichts veröffentlicht. Ein Urteil darüber ist also in keinster Weise möglich! Diese Schwarzmalerei nervt imo sehr!
Wartet doch einfach mal ab, was passiert. DANN kann man immer noch meckern. Verhindern kann man die Entscheidungen des Verlags eh nicht mehr.
„Klare Strukturen kann man auch anders schaffen, schnelle Reaktionszeit auch.“
Hab ich jetzt in vielen Blogs gelesen – nur das WIE fehlt entweder immer oder es wird auf „Skype und ähnliche Messaging Plattformen“ verwiesen.
Wer Projektarbeit kennt weiss, dass diese immer dann am meisten leidet, wenn a) zu viele Entscheidungsträger (oder solche, die sich dafür halten) zusammen sitzen oder b) wichtige Projektaspekte über Video- und AudioTools diskuteirt werden müssen. All die Technik ist kein Ersatz für persönliches Zusammenkommen – die Kompromissbereitschaft ist größer, die Leute sind nicht durch pralleles Emailing abgelenkt, etc.
Ich kann die Schritte von Ulisses nachvollziehen – und es überrascht mich überhaupt nicht, dass die – erzkonservative – DSA Community am zetern ist. Vor allem jene, die über die Fantasielosigkeit der DSA Publikationen in den letzten Jahren und das enge Korsett der Vorgaben gejammert haben, sehen nun den Untergang des Abendlandes, wenn die Korsettschneider alter Tage in Ruhestand geschickt werden. Schon irgendwie verrückt… aber ein Blick auf aktuelle politische Diskussionen zeigt, wie verbreitet diese deutsche (Un-)Kultur ist…
Kann ich grundsätzlich so unterschreiben. Vor allem den Aspekt mit der Kommunikation. Skype und das ganz andere Gedöns ist doch keine ernsthafte Alternative.
Da stimme ich nach einigem Überlegen ebenfalls zu. Am besten kann man an Projekten arbeiten, wenn man direkten Kontakt zueinander hat. Skype und Konsorten bieten zwar bedingten Ersatz, eignen sicher aber eher nur dazu kurze Dinge abzusprechen.
Naja Cyric, in Deinem Blog beschwörst Du bei fast jeder Nachricht zu WotC den Untergang von D&D herauf. Eigentlich solltest Du Dich in die Kritiker gut hineinversetzen können.
😉
Na, ich seh da einen gewaltigen Unterschied. Wenn WotC seine Redaktion so durchgreifend umbauen würde, wäre ich vermutlich begeistert… egal, was dann raus kommt, schlimmer als D&D 4th Ed. könnte es kaum werden.
Und so, wie das aktuelle Regelwerk auch von den alten DSA Hasen überall kritisiert und als Einsteigerunfreundlich abgetan wird, sollte also die Zuversicht ein wenig mehr durchschimmern. 😉
Endlich mal jemand, der der ganzen Schwarzmalerei offen und sinnvoll entgegenargumentiert. Danke für diesen Artikel, du nimmst mir die Worte aus dem Mund!
Bei all den, zugegeben zunächst verstörenden, Entlassungs-Meldungen muss man doch immer noch unterstellen, dass Ulisses einen Plan verfolgt mit der Absicht DSA zu verbessern. Natürlich sind dafür Veränderungen notwendig.
Deswegen wird DSA noch lange nicht „sterben“. Dafür ist die Fangemeinde viel zu groß. Also von daher warten wir doch einfach erstmal ab was passiert und wie sich das alles Auswirkt…
Ich finde es komisch, dass Kritik an der Verlagsentscheidung ständig das „ewig Schwarzseher“ „Nörgler“ usw.abgestempelt wird. In keinem Wort habe ich geschrieben, dass DSA sterben wird oder bin irgenwen persönlich angegangen. Muss man sich schon präventiv entschuldigen, wenn man Ulisses Entscheidungen hinterfragt? Veränderung um der Veränderung willen ist genauso witzlos wie Schwarzmalerei.Ich finde es verstörend, das man konkrete Stellungsnahmen von Personen hier zugunsten von schwammigen Aussagen der PR-Abteilung von Ulisses schlechtmacht.
Ich finde keineswegs das DSA sein potential voll ausgeschöpft hat, oder dass es sich nicht verändern könnte und sollte. Nur das wie und warum habe ich hinterfragt. Das scheint allerdings einigen Leuten schon zuviel kritischer Geist zu sein.
Ich sage nur eines:
Es war nicht alles gut, was in den letzten 27 Jahren für das schwarze Auge getan wurde. Aber denen, die jetzt die pathetischen Verfechter althergebrachter Traditionen als ‚Nörgler‘ Verurteilen, müssen absolute ‚NEWBEES‘ sein, Einjahrlinge oder so, denn sie haben keine Gespräche mit ‚Alrik‘ (Ulrich, amerikanisch oder englisch ausgesprochen)hinter sich, welche alleine schon Myranor verdammten, denn es ist NICHT Güldenland(!)(aber als Fantasywelt ne oberaffent.tt..gei.. Nebenglobule!). Damit ging viel los!
Falls sich jemand erinnert, wurde dieses Gespräch im Vorraum der Tagungsstätte in Einschlingen geführt, nachdem Droska Donnerschlag ihre Ballade über den Niedergang des Mittelreiches und der Zwölfgötter bei dem (ansonsten gut gelungenen) Fest von Garf von Engasaal vorgetragen hatte.
Alle anderen sollten sich aus den Diskussionen zurückhalten!
Und sollte das alles nur ein Aprilscherz sein, wie dieser derische Globus, dann war dies ein absolut schlechter! !!!
Stop turning ulrich!
Rondrian on Belhanka
Ich versteh dein Argument nicht wirklich. Das einzige was ich aus deinem Kommentar herauslese ist: „Ich spiele länger als du DSA und bin deswegen cooler.“ Oder steckt doch noch mehr in deinem Post? Ich bitte um Aufklärung 😉
Das „Nörgler“ bezog sich doch auf folgendes. Es wird gemeckert bevor überhaupt irgendwas passiert ist. Klar gibt es eine Fluktuation in der Redaktion, aber hat sich das bisher auf das Regelsystem, die Spielwelt oder Publikationen ausgewirkt? Wenn es denn dann soweit ist, darf gerne gemeckert werden 😉
Ich habe Rondrian auch nicht verstanden sry.
@ Benjahmin: mein Punkt ist eben: es ist etwas passiert.
@Cyric : Wo hat Ulisses dies so als Grund angegeben?
Hey… ich versteh grad nicht, worauf sich deine Frage bezieht. Sry… :/
Das Ulisses irgendeinen sinnvollen Plan verfolgt darf bezweifelt werden- wer es nicht einmal hin bekommt die Auflagen der veröffentlichen Abenteuer so hoch zu machen, das sie nicht nach 3 Tagen ausverkauft sind, zeigt damit, das keine wirtschaftliche Intelligenz vorhanden ist. Es wird wohl eine Veränderung um der Veränderung willen vorliegen, die keine tieferen Hintergedanken hat.
Das die Qualität leidet ist zu befürchten aber nicht zu erwarten, das Sorgenkind ist wie bereits erwähnt der Metaplot und das Regelwerk. Unabhängig von den Fähigkeiten der einzelnen Autoren ist beim Metaplot Konstanz überaus wesentlich um die (berechtigte) Komplexität nicht noch weiter durcheinander zu bringen, beim Regelwerk ist zu erwarten das die Komplexität auch zunimmt wenn die Fluktuation steigt- andere Autoren, andere Präferenzen und Regeln werden seltenst abgeschafft.
Das die strategische Entscheidung zwischen dem ‚Alten‘ DSA und einem neuen, ‚Modernen‘ DSA bei Ulisses liegt lässt, besonders bei Deutschen, einen Weltuntergang befürchten 😉
Wahrsagerei ist leider nur In-Game möglich, also bleibt jedem nur abzuwarten und gegebenenfalls ’seine‘ Welt einzufrieren um sie auf ewig zu erhalten.
Zuletzt ein Beitrag zum ‚engen Korsett‘. Ja, DSA hat nur wenig Flexibilität, was eigene Gestaltung in größerem Maßstab angeht. Ja, das Regelsystem ist sehr komplex und für Einsteiger eine Zumutung- aber wen das stört der kann sich aus dem Hintergrund den er haben will und einem generischen Regelsystem (von denen es unzählige gute gibt) problemlos sein eigenes DSA basteln. Flexibilität ist immer Teil der eigenen Fantasie.
Und Ulisses soll damit glücklich sein, ein so komplexes Spiel zu publizieren, dass Spieler in generische Systeme flüchten? Und davon leben, dass ein paar Spielleiter noch Metaplot-Kaufabenteuer kaufen?
Dann können sie ja auch gleich noch den Rest entlassen und ihren Laden abschliessen.