An einem schwülheißen Apriltag im Jahr 2041 öffnet Martin S. die Haustür. Es dauert einen Moment, bis sich seine Augen an das grelle Sonnenlicht gewöhnen. Doch dann huscht ein Lächeln über sein Gesicht. ‚Da bist du ja endlich‘, murmelt er und Sehnsucht liegt in seiner Stimme. Langsam schiebt er seinen Rollator ins Freie. Für einen Moment schweift sein Blick über den Himmel, doch die Paketdrohne ist natürlich schon lange nicht mehr zu sehen.
Eine Hand auf den Rollator gestützt beugt sich Martin S. vor und hebt das Paket auf, behutsam, fast liebevoll. Der Augenblick, auf den er so lange gewartet hat. ‚Mein Schatz‘, flüstert er mit verstellter Stimme; dann muss er kichern. Könnte sein Enkelin ihn jetzt sehen, sie würde sich mal wieder über das Verhalten ihres Opas wundern. Doch die ist auch keine Liebhaberin klassischer Fantasyfilme.
Das Paket fest an seine Brust gedrückt schließt Martin S. die Haustür. Endlich. Der finale Band 30. In der Sonderedition: eine Printausgabe auf echtem Papier. Frisch vom Drucker. Oldschool. Damit ist seine Sammlung der DSA5-Regionalbeschreibungen komplett. Es hat nur knapp drei Jahrzehnte gedauert.
Sieben Regionalbeschreibungen sind in der 5. Regeledition des Schwarzen Auges bislang erschienen. Keines dieser Bücher ist schlecht. Die Bewertungen der Bände schwanken – abhängig von der individuellen Erwartungshaltung – zwischen solide und richtig gut.
An den einzelnen Büchern gibt es selten etwas auszusetzen. Und doch stellt sich irgendwann Ernüchterung ein. Die allmählich länger werdende Reihe von DSA5-Regionalbeschreibungen fördert ein interessantes Phänomen zutage: Das Ganze ist weniger als die Summe seiner Teile.
Die Regionalbeschreibungen von DSA5 fügen sich nicht zu einem coolen Setting, sondern versprühen in ihrer Gesamtheit den Charme von Aktenschränken. Mit jeder gelesenen Regionalbeschreibungen wird die Lust auf DSA5 nicht größer, sondern kleiner.
Von der Einförmigkeit zur Eintönigkeit
Die Einförmigkeit in Aufbau und Inhalt der Regionalbeschreibungen mag die Übersichtlichkeit erhöhen. Sie verstellt jedoch den Blick auf das Besondere einer Region, auf die Abenteueraufhänger und auf das, was in der Region den Spaß ins Spiel bringt. Oder wie Orkenspalter-TV anlässlich der Thorwal-Spielhilfe fragte: „Wird jede Rezension einer Regionalspielhilfe sich so gleichförmig anfühlen?“
Vermutlich schon. Wer mehr als einen Band gelesen hat, bekommt irgendwann den Eindruck, dass hier fleißige Verwaltungsangestellte pflichtschuldig ihre Listen abarbeiten.
Weg & Steg? Check. Handwerk & Technik? Check. Maße & Gewicht? Check.
Kleinteilung verstellt den Blick auf Abenteuer
Die immer kleinteiligere Beschreibung Aventuriens fördert zudem den Eindruck, dass es mit den Regionalbeschreibungen gar nicht mehr um das Spiel in einer abenteuerlichen Spielwelt geht. Regionalbeschreibungen beschränken sich immer stärker auf einzelne Kulturen oder Völker, die dafür umso ausführlicher dargestellt werden.
Die Dynamik einer Region entsteht aber nicht zuletzt aus der Interaktion unterschiedlicher Mächte, Völker und Kulturen. Unter der immer enger werdenden thematischen Ausrichtung der Regionalbände aber leidet die Beschreibung dieser Spannungsfelder. Regionalbände beschneiden sich damit selbst um Möglichkeiten, Besonderheiten und Abenteuermöglichkeiten einer Region vorzustellen.
Statt Abenteueraufhänger und Spielrelevanz steht die möglichst umfassende Darstellung einer Kultur oder sehr eng gefassten Region in all ihren Facetten im Mittelpunkt eines Bandes. Die Beschreibung der Region verkommt damit zum Selbstzweck.
Die Freude an der Beschreibung
Wenn Regionalbeschreibungen aber nur noch Selbstzweck sind, erscheint immerhin die Produktpolitik von Ulisses Spiele weniger erratisch. Sieben Regionalbeschreibungen sind in mehr als fünf Jahren DSA5 veröffentlicht worden. Geht es in diesem Tempo weiter, dürfte die letzte DSA5-Regionalbeschreibung in 15 bis 20 Jahren zu erwarten zu sein.
Wären die Regionalbände tatsächlich Spielmaterial, wäre diese Produktpolitik nicht nachvollziehbar. Wer wartet schon nahezu eine Generation, bis endlich das Spielmaterial zur eigenen Wunschregion erscheint?
Doch die DSA5-Regionalbeschreibungen dienen nicht dem Spiel. Sie richten sich an Leser und Sammlerinnen, nicht an Spieler und Spielerinnen, schon gar nicht an Einsteiger ins Rollenspiel. Die Zielgruppe der Regionalbände sind die Menschen, die sich an der immer detaillierter werdenden Beschreibung Aventuriens erfreuen. Solange diese Gruppe groß genug ist, wird diese DSA5-Produktpolitik funktionieren. Selbst im Jahr 2041.
12 Gedanken zu “5 Jahre DSA5 – Die Regionalbeschreibungen”
Traurig, das hat Aventurien nicht verdient.
Ebenso wie DSA als System. Leider sind alle anfänglichen Befürchtungen der „Unker“ zur 5. Edition wahr (und teils noch schlimmer als befürchtet) geworden.
Fraglich ist vor allem noch, ob man wirklich wieder 15 Jahre (bestimmt zieht die Veröffentlichungsgeschwindigkeit der RSH an, wenn alle relevanten Regelbände (haha) draußen sind) wartet mit der 6. Edition, oder diese „abwärtskompatibel“ macht, wenn noch nicht alle RSG draußen sind… oder diese gänzlich regelfrei macht, was auch seine Vorteile hätte. Dann könnte man neue Versionen z.B. alle 10 aventurischen Jahre (oder nach jeder lokalen Großkampagne) auflegen und wäre gar nicht mehr an Editionen gebunden… ein feuchter Verlegertraum.
P.S. Sehr schön, wieder von dir zu lesen!
– Detaillierte Beschreibungen und spannende Abenteueraufhänger widersprechen sich für mich überhaupt nicht. Gerade die Havena SSH wurde immer für ihre abenteuertauglichkeit gelobt und viel detaillierter als ein ganzes Buch über bloss eine Stadt zu veröffentlichen, geht es ja kaum.
– Das Veröffentlichungstempo hat wohl auch damit zu tun, dass der Ruf nach den Kernregeln zu Beginn sehr laut war. Die bisherige Spielerschaft wollte halt ihre Charaktere auch in der neuen Edition spielen können und somit lag die Priorität stärker bei den Regeln. Aber wenn ich die Bücher wirklich zum Spielen kaufe und nicht zum ins Regal stellen, dann finde ich 2-3 RSH pro Jahr mehr als ausreichend. Wir kommen eigentlich nicht damit hinterher, die Regionen zu bespielen und kaufen die RSH einfach auf Vorrat.
-Grundsätzlich finde ich die einheitliche Struktur praktisch um Informationen zu finden. Da hatte ich bei älteren Ausgaben von Regionalspielhilfen oft Mühe mich zurechtzufinden. Vielleicht hätte man bei der Dschunge-RSH eine Ausnahme machen können, da die Kulturen sich dort schon deutlich von den bisherigen RSH unterscheiden und so nicht so recht in das Raster passen wollen.
Interessanter Artikel. Tatsächlich habe ich auch schon darüber nachgedacht, wann wohl alle Regionalbände der DSA5-Reihe verfügbar sind.
Wenn gleich diese auch immer umfangreicher werden und somit sehr hilfreich bei der Ausformulierung von Abenteuern sind, so können sie tatsächlich, wie du beschreibst, auch hinderlich sein.
Zweifelsohne habe ich mich schon gefragt, warum man es nicht hätte einfach auf den DSA4er Regionalbänden beruhen lassen. Diese waren hervorragend vom Informationsgehalt und haben trotzdem Raum für Interpretationen gelassen. 🙂
Ich finde es faszinierend, dass diese reinen Beschreibungen der Landstriche Aventuriens immer noch den Titel einer RegionalSPIELHILFE tragen dürfen. Unter Spielhilfen verstehe ich Bücher, die einen klaren Nutzen für den Spieltisch haben. Die aktuellen RSH bieten aber weder spannende Aufhänger für Abenteuer noch regen sie durch geschickte Impulse/Darstellungen die Kreativität zur Entwicklung eigener Ideen an bzw. bieten einen anderen Mehrwert für den Spieltisch. Die sogenannten „Spielhilfen“ von DSA4 waren da auch nicht besser. Und ein Blick über den aventurischen Tellerrand (z.B. in den Abenteuerband „Geschichten aus dem Schatten“ zum Rollenspiel Schatten des Dämonenfürsten) zeigt, dass es durchaus möglich ist, mit wenigen prägnanten Worten alles wichtige zu vermitteln und gleichzeitig viel Raum für Kreativität und eigene Ausgestaltung zu lassen.
Deine Analyse im Artikel finde ich sehr treffend. Hier wird eindeutig für ein Publikum und für Käufer*innen geschrieben, die genau diese Art von Büchern konsumieren möchten und in den immer detaillierteren Beschreibungen Aventuriens schwelgen. Mich holen diese Beschreibungen leider überhaupt nicht ab. Ich will Abenteuer und spannende Geschichten in Aventurien erleben und nicht wissen, wie der hinterletzte Rübenbauer Lommel seine beiden Zuchtkühe benannt hat.
Ich sehe das nur als konsequente Fortführung von Trends die es seit Anbeginn der Regionalhilfen gibt und ihren Höhepunkt in der vierten Edition schon erreicht hatten. Es fing noch vergleichsweise harmlos an. Die ersten Heftchen, sprich das vom Bornland und das des lieblichen Feldes waren noch vergleichsweise dünn. Auch die Thorwaler Box war nicht viel voluminöser, gings bei einem Heftchen doch hauptsächlich um platzfüllende und wenig sinnvolle Schiffsbeschreibungen. Gefühlsmäßig gings mit der Khom Box schon einen schritt weiter — die ja dann in der vierten zweigeteilt wurde wo jedes einzelne Werk schon größer war. Teilweise wurden dann ja noch ganze Kulturen aus dem Nichts beschwört, denen man nun auch noch etliche Seiten widmen muss. Warum es so etwas wie Hügelzwerghobbits oder Larp-Dreadlock-Schottten gebraucht, entgeht mir bis heute (aber mal wieder Zeug was schon bei DSA-GURPS verbrochen wurde, nichts wirklich neues).
Der Schaden hier ist also schon lange getan. In der IT nennt man sowas den „second system effect“. Man hat ja schon die ganze Funktionalität der ersten Version, also kann eine zweite eigentlich nur noch das plus mehr haben. Und nach dem dritten, vierten Durchlauf ähneln wir uns dem wirren Wust von Microsoft Office, wo jedes Icon mehr Code hat als die ersten Words/Excels usw. insgesamt.
Aber ist das verwunderlich? Es verkauft sich doch. Für viele ist dieses „Jedes Dorf nummerieren“ ein zentraler Punkt von DSA geworden. Der Spielerstand altert zunehmends und hat die frühen Werke ja oft noch, also muss ein Mehrwert her. Eventuell kommt man ja wegen Kindern und Hypothek gar nicht mehr zum spielen, aber man kann beim Lesen von noch mehr Waldmenschenstämmen sich dran erinnern als man damals mit 14 die sexy Mohin bei DSA2 spielte, wo Hruruzat noch toll war.
Ich persönlich seh‘ das immer mit meinem lachenden und weinenden Auge. Ich mag ja solche Details, und wenn man dann wieder die stimmungslosen Generika aus Amiland liest, schätzt man den Absatz über Thorwaler Rübenwürste doch ein bisschen. Auch fand ich die Erweiterung von Nostria und Andergast als eigenständige Region sogar wirklich sinnvoll. Endlich wurde das ehemalige Witz-Land (ich sag nur Engasal) zu einer sinnvollen Einsteigerregion. Ich mag ja auch das zunehmende Rokoko nicht so wirklich, da ist ein bodenständiges Spätmittelalter sehr willkommen gewesen. Inzwischen fast meine Lieblingsregion, da könnte ich mir sehr gut vorstellen eine ganze Kampagne zu haben, sicher leichter Spieler zu finden als für Hârn.
Ich denke für Neulinge ist da eh nicht so viel Mehrwert, Almanach und notfalls in die Bibliothek für historische Referenzen (sind ja eh nur alles kaum verkleidete IRL Expys). Für die Hardcore-DSAler machens die Ulissen gar nicht mal falsch, wirtschaftlich gesehen. Als Readonly-Rollenspiel ist Aventurien schon recht spaßig.
Vielleicht sollte man daneben einen Blick auf die ersten Regionalbeschreibungen werfen, als das noch eine ganz neue Idee (für DSA) war. Da haben wir z.B. „Das Bornland“ mit insgesamt 52 Seiten und als Reiseführer konzipiert. Oder „Das Herzogtum Weiden“ (72 Seiten) mit seiner schönen Ingame-Karte und einer bunten Vielfalt an ganz unterschiedlichen Texten, die zwar schön zu lesen waren, aber als Nachschlagewerk total untauglich waren. Oder passend zur gerade neu erschienenen RSH die Box zu „Thorwal und Die Seefahrt des Schwarzen Auges“, in der das Thorwal-Heft mit 64 Seiten die ganze Region abdeckte und ein zweites Heft das Thema Seefahrt.
Ich fand die Idee mit dem Reiseführer damals nicht schlecht. Und wenn ich in mein Bücherregal sehe, stehen da Reiseführer von ganz unterschiedlichen Verlagen, die alle etwas unterschiedlich an die Sache rangehen. Jetzt möchte ich natürlich nicht, dass jede Region auf mehrere verschiedene Arten beschrieben wird, aber man könnte jede Region auf die für sie passende Weise eingehen. Warum sind zu Thorwal z.B. keine Seekarten enthalten oder Reiseberichte von Kapitänen?
Wegen mir müssten die Produkte nicht alle einheitlich sein, nur damit es bei Sammlern schön im Regal aussieht.
Der Artikel ist unglaublich treffend. Manchmal, wenn ich die vielen Rezensionen zu den Regionalspielhilfen lese, frage ich mich wirklich, warum oft nur Kleinigkeiten kritisiert werden, z.B. dass irgendein Regelelement fehlt oder sich Texte wiederholen. Stattdessen muss es doch um das große Ganze gehen: dass die Regionalspielhilfe tatsächlich eine Spielhilfe ist. Ich habe mit DSA5 von Grund auf angefangen, einige RSHs gelesen und nach positiven Rezensionen mögen wollen. Wirklich hilfreich war nur der Aventurische Almanach, und das auch nur, weil ich absoluter Einsteiger war. Selbst bei der Havena-Spielhilfe, die ja weithin gelobt wird, habe ich mich bis zum Mysterienteil stets gefragt: Ja, und nun? Was soll ich damit jetzt anfangen? (Der Mysterienteil von Havena beinhaltet viele Abenteueraufhänger, ich empfinde diese jedoch meist als sehr platt und klischeehaft, sodass ich auch damit nichts anfangen kann, aber das ist sicherlich Geschmackssache.) In dieser Hinsicht auf die Spitze getrieben hat es die RSH zu den Flusslanden. Ich habe die wirklich von A bis Z durchgelesen und konnte keinen einzigen interessanten Abenteueraufhänger ausmachen, Mysterienteil inklusive. Ganz ehrlich, was soll der Quatsch?
Und wenn man dann das mal ehrlich äußert, läuft man Gefahr, entweder ignoriert, angefeindet oder sogar zensiert zu werden. Ist mir persönlich bei einem gewissen Schelm passiert, wo DSA5-kritische Kommentare erst gar nicht veröffentlicht werden. Ich glaube, dass es einen Teil in der DSA-Community gibt, der erschreckend unkritisch ist, alles kauft und auf diese Weise dazu beiträgt, dass die Publikationen weitgehend für Sammler und nicht für den Spieltisch gemacht werden. Die Sammler sind einfach zahlungswilliger und finanzieren daher die Kosten zuverlässiger als der einzelne Spielleiter, der für eine Gruppe von (weitgehenden) Nichtkäufern leitet. Insofern agiert der Verlag – betriebswirtschaftlich gesehen – sogar klug, nur leider kommt dabei kein gutes Spielerlebnis bei rum.
Ich persönlich ziehe daher seit dieser etwas verspäteten Einsicht die Konsequenz, höchstens noch Abenteuerbände zu kaufen. Dort gibt es allerdings ähnlich gelagerte Probleme, denn auch diese Abenteuer müssen ja irgendwo stattfinden und leiden ebenfalls unter der mangelnden Abenteuerlichkeit Aventuriens. Ich greife mittlerweile bevorzugt zu Bänden der Vorgängereditionen, da zu deren Zeit innerhalb der Spielwelt noch deutlich mehr Konflikte greifbar waren. Man kann das gut sehen an den aktuellen, den älteren und den alten Thorwal-Abenteuern. Ging es bei „Die dunkle Halle“ noch darum, Glorana in ihrem Eisreich zu besiegen, durfte man bei der etwas späteren Jandra-Kampagne nur noch in den Spuren einer Heldin wandeln, um bei dem jüngsten Abenteuer „Runen des Schicksals“ schließlich ein paar Steine zu suchen. Dieses Schema zieht sich (bis auf wenige Ausnahmen wie Eiserne Flammen) durch einen Großteil der Produktgeschichte von DSA. Ist ja auch logisch, denn fast jedes Abenteuer führt dazu, dass (im weiteren Sinne) Probleme gelöst werden. Im Anschluss ist die Welt meist friedlicher und sicherer als zuvor. Es bleiben also weniger Konflikte für Folgeabenteuer (Ausnahmen bestätigen die Regel). Meinem Eindruck nach hat es die Redaktion ab einem gewissen Zeitpunkt verpasst, neue Konflikte einzuführen. Ich glaube (aus der Rückschau heraus, ich habe damals DSA nicht verfolgt), dass dieser Bruch in etwa zu dem Zeitpunkt geschah, als die Redaktion im März 2011 weitgehend ausgetauscht wurde, denn seitdem sind nur sehr wenig spielrelevante Impulse hinzugekommen. Die Neuerungen seit dieser Zeit scheinen mir eher darin zu liegen, dass die Produkte nun optisch sehr viel ansprechender gestaltet sind (im Stil natürlich Geschmackssache), insbesondere hinsichtlich der Vollfarbigkeit der Innenseiten und des neuen Layouts, in der Art des Marketings (Crowdfunding) und der Produktstrategie (optimiert auf Sammler statt Spielrunden).
Sehr schön auf den Punkt gebracht!
Und wieder muss ich einen leicht andere Erfahrung einwerfen als die Bewertung von @Arkanil. Du willst hier eine Gesamtbewertung der Regionalbeschreibungen vorlegen, hast relativ gute Bewertungen und so mein Eindruck – willst aber den negativen Gesamteindruck zu DSA5 bestätigen und daraus wird eine recht einfache Diagnose: Zu Kleinteilig, langatmig, keine Spielrelevanz. Und am Ende das Fazit: Geschrieben für Sammler und Leser*innen nicht für DSA Spielende.
Wieder drängt sich mir die Frage auf worauf diese Aussagen Fußen. Also Konkret hast du @Arkanil die meisten Regionalbeschreibungen angelesen und versucht für ein Spiel in der Region zu verwenden?
Warum diese Skepsis?
Für mich ist das einfach eine (zu) sehr pauschale Aussage. Die Regionalbeschreibungen haben nach meiner Wahrnehmung eine sehr unterschiedliche Qualität. Grade die letzte Thorwal spielhilfe ist neben dem tollen Teil zum Gjalskerland eine echte Enttäuschung. Ich finde auch, dass der gleiche Aufbau mit bestimmten doppellungen und manchmal langweiligen Texten in manchen Regionalspielhilfen langweile erzeugt – allerdings anders als hier angeführt grade beim Lesen. Beim Spielen fande ich an vielen Stellen den gleichen Aufbau sehr hilfreich um schnell die Richtige Information zufinden, wiederholungen waren da für mich wenig relevant, weil ich den Band nicht von vorne bis hinten durchgelesen habe. Ich würde mich auch der Kritik anschließen, dass einige Regionalbeschreibungen zu wenig bieten an Spannungen und Abenteueraufhängern. Aber hier ist die Pauschalaussage doppelt schade, weil so ungefähr die Hälfte sich auf genau diesem Feld m.E. besonders hervortut. Die Havenna oder Aranien spielhilfe machen einfach so viel richtig und sind für mich eine Freude und echte Bereicherung fürs Spiel. Grade Aranien, wo z.B. stark auf unterschiedliche Machtgruppen und die Auswirkungen der Vergangenheit auf die Gegenwart eingegangen wird macht wirklich Spaß zu bespielen, weil hier nicht wie früher oft blos eine Momentaufnahme der Region geliefert wird, sondern Grunddynamiken gezeichnet werden, die es mir als Spielleiter einfach machen Elemente in mein Abenteuer einzubauen und mich zur Kreativität und Abenteuern anregen.
Dadurch, dass so eine Detailiertere Ebene der Bewertung überhaupt nicht vorkommt in der Bewertung entsteht bei mir der Eindruck, dass vielleicht gar nicht an allen Stellen so genau hingeschaut wurde.
Die Pauschalität in meinen Aussagen ist durchaus Absicht. Anders geht es ja nicht bei einem Gesamtblick auf die Regionalbeschreibungen. Natürlich gibt es qualitative Schwankungen und der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Aber wie tief in die Details möchte man einsteigen? Sprich: Wie lang soll der Text da oben werden?
In einer der ersten Versionen dieses Textes bin ich mehr auf einzelne Regionalbeschreibungen eingegangen. Aber das hat den Text nach meinem Gefühl nicht besser gemacht, nur länger. (Alle Texte zum DSA5-Zwischenfazit zusammen kommen bereits auf über 16.000 Zeichen. Das sind rund sechs DINA4-Seiten.)
Was ich vor allem kritisiere: Bei den Regionalbeschreibungen geht Formalismus vor Spielrelevanz. Es wird lieber an starren Strukturen und an der Beschreibung von Nebensächlichkeiten festgehalten, als sich den Gedanken zu stellen: Was ist eine Bereicherung fürs Spiel?
Die Havena-Beschreibung ist insofern ein gutes Beispiel, weil dort teilweise andere Strukturen gewählt wurden und die Spielrelevanz offenbar deutlicher im Fokus stand. Das führt dann zu der Frage: Für wen werden die Bücher produziert bzw. wer kauft sie?
Und wenn ich von Leser*innen spreche, meine ich damit eher nicht die Menschen, die so ein Buch von vorne bis hinten durchlesen. Wer macht das schon? Selbst die besseren Bücher sind dafür viel zu langatmig. Ich meine damit die Menschen, die einfach Spaß an dem Eintauchen in immer mehr Details haben, unabhängig von der Frage, ob das für das eigentliche Spiel Relevanz hat.
Ich will das auch gar nicht verurteilen. Für diese Menschen ist das detaillierte Ausstaffieren vermutlich Teil des Spiels. Aber es ist nicht mein Spielverständnis und im übrigen auch nicht das, was Ulisses mit den Regionalbeschreibungen verspricht. Da werden auf den Klappentext ja immer sehr vollmundig Abenteuer versprochen.
Danke für die Antwort, dann ziehe ich mein Unterstellung zurück. Ich kann ja auch mit einem Teil der Kritik voll mitgehen. Sie ist mir in der Grundtendenz aber immer noch zu wenig abwägend. Ich glaube es gibt schon einen guten Grund, dass manche Regionalbeschreibungen eine sehr gute Bewertung bekommen haben und der würde ich mich auch aus der Perspektive der Nützlichkeit für das Spiel voll und ganz anschließen. Kleinteiligkeit von Beschreibungen ist m.E. der Weg, den DSA seit langem geht. Dadurch wird für mich z.B. die Welt manchmal weniger ein Abziehbild irgendwelcher (z.B. Islam-) Klischees wie viele Regionen das Früher waren und für mich kann durchaus in einer kleinen Weiler viel Flair entstehen. Grade der Kritik, dass DSA zu wenig Epic bietet und nur Detailverliebte Langeweile, kann ich mich so nicht anschließen (Und Frage mich auch warum grade ältere Spieler*innen die sich oft anderen Systemen zugewendet haben damit immer wieder kommen, weil genau für so eine Überepische Heldenwelt gibt es doch tausende Rollenspiele). DSA ist für mich schon immer das Setting, wo eben auch die Abenteuer, die das dunkle Geheimnis was sich hinter dem Schweigen der Dorfgemeinschaft verbirgt zentral sind. Das Setting wo ich ausspielen kann, dass mein „Held“ ernsthaft davon mitgenommen ist in einer Schlacht mehrere Menschen erschlagen zu haben und sich wenig danach sehnt sich sofort ins nächste Gemetzel zu stürzen. Deshalb kann eine gute Regionalspielhilfe für mich ruhig Detailverliebt und an vielen Punkten alltagsorientiert und Kleinteilig sein, wenn darin und darüber hinaus trotzdem Grundsätzliche Antagonismen aufgezeigt werden, die ich in diesem Alltag immer wieder aufscheinen und anspielen lassen kann. Wenn eben eine kleine Räuberbande die die Straßen unsicher machen der Hauptaufhänger eines Abenteuers sein kann und ich trotzdem in ihr Anregungen bekomme, wie ich die das Auftauchen dieser scheinbar zufälligen Räuberbande im Hintergrund doch mit irgendwelchen größeren Vorkommnissen und Entwicklungen verbinden kann, die die Spieler*innen vielleicht gar nicht immer aufdecken werden. So entsteht für mich Tiefe einer Spielwelt. Deshalb ist mein Fazit: Einige Regionalbeschreibungen sind hervorragend in dieser Kombination, während andere Lustlos scheinen und genau diesen Mangel an Tiefe in Wirklichkeit mit einem platten Alltagsgeplänkel nur Verdecken. M.E. hängt das v.a. an guten Autor*innen und nicht an dem Grundansatz der Regionalspielhilfen in DSA5 und an dem Punkt recht sich, dass Ulisses so viele der guten Autor*innen vor den Kopf gestoßen hat.