Rollenspieler sind gute Menschen. Etwas eigenartig vielleicht, aber harmlos. Rollenspieler sind tolerant, offen und auf eine verschrobene Art liebenswert. Wer DSA spielt, kann kein schlechter Mensch sein.
Oder?
Zugegeben, im größten deutschen Rollenspiel gibt es Rassismus, Sexismus und Antisemitismus. Aber das sind doch nur bedauerliche Ausnahme, historische Relikte, Missverständnisse vielleicht, und überhaupt ist das moderne, das heutige DSA ganz anders.
Nicht wahr?
Am 24. Juli startet die dreitägige Ulisses Online Convention. Der Verlag hat für die Veranstaltung eine Anti-Harrassment-Policy erlassen, die prominent auf der Startseite der Online Convention zu sehen ist. Darin heißt es:
Die Ulisses Online Con ist eine offene und tolerante Veranstaltung, bei der wir alle gemeinsam Spaß haben wollen. Wir von Ulisses Spiele stehen für bestimmte Werte ein und möchten, dass sich alle sicher und willkommen fühlen. Belästigung hat dabei natürlich keinen Platz und wird von uns als Veranstalter der Ulisses Online Convention in keiner Weise toleriert.
Das klingt doch gut.
Doch dann kommt Gronkh.
Erik „Gronkh“ Range ist Games-Influencer. Ihm folgen auf Youtube rund 5 Millionen und auf Twitter 1,3 Millionen Menschen. Zur Eröffnung der Ulisses Online Con ist er als Special Guest geladen. Dort soll er über Rollenspiel, seine Convention-Erinnerungen und „sein Herz für Nerds und Spiele“ sprechen, wie Ulisses auf Facebook ankündigte. Das Problem ist nur: Gronkh stand vor nicht allzu langer Zeit im Zentrum einer Sexismus-Debatte. Es ging um frauenverachtende Gewaltfantasien in der Gamerszene, Strategien der Einschüchterung und um die Verantwortung, die Accounts mit hoher Followerzahl haben.
Die Entscheidung von Ulisses, Gronkh als Special Guest zur Convention einzuladen, hat auf Twitter und Facebook heftige Kritik ausgelöst. Ulisses wird vorgeworfen, erneut nicht die nötige Sensibilität an den Tag zu legen. Der Verlage lerne nicht aus seinen Fehlern und wolle das scheinbar auch nicht.
Tatsächlich scheint bei Ulisses Spiele eine große Diskrepanz zwischen Worten und Taten zu bestehen. Es reicht nicht, eine hübsch klingende Anti-Harrassment-Policy online zu stellen. Diese Werte müssen auch gelebt werden.
Gäbe es im Verlag eine echte Sensibilität für bestimmte Werte [sic], wäre man wahrscheinlich vorab auf die Idee gekommen, dass die Einladung von Gronkh Kritik hervorrufen wird. Und dann hätte Ulisses für diese Kritik vielleicht auch mehr als nur ein Schulterzucken übriggehabt:
Ulisses Spiele GmbH: Ich denke wer so in der Öffentlichkeit steht riskiert immer auch kritisiert zu werden. Ich denke er ist ein sympathischer Kerl, der halt auch mal Fehler macht. Macht ihn menschlich.
Leider wird immer wieder Perfektion verlangt. Aber echte Menschen sind nicht perfekt.
7 Gedanken zu “Ulisses und die Werte – Mehr als Lippenbekenntnisse?”
Watt’n Quatsch. Und keinerlei Links zu den Vorwürfen, oder eine Aussage, ob die überhaupt gerechtfertigt waren…
Übrigens, ich kann auch ne Menge behaupten… Facebook und Twitter sind natürlich für die journalistische Kompetenz der dort veröffentlichenden Autoren bekannt…
Und nichtmal auf Nachfrage wird auf die angebliche Problematik verwiesen… *seufz*
Ulisses hat Regeln aufgestellt (Anti-Harrassment-Policy). Meinst Du nicht, dass sich Ulisses an den eigenen Regeln messen lassen sollte?
Ich sage ja nicht mal, dass man Gronkh nicht hätte einladen dürfen. Die Einladung könnte durchaus mit den Regeln vereinbar sein. Da will ich mir zum jetzigen Zeitpunkt kein Urteil anmaßen.
ABER: Wenn Ulisses den Regeln wirklich Bedeutung zumessen würde, dann hätten sie sich im Vorfeld – gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Debatten – zumindest mal Gedanken machen müssen, wie die Gronkh-Einladung auf manche Menschen wirkt. Und eine angemesse Antwort auf deren Reaktion zeigen können.
(Einen Link zu den Vorwürfen habe ich eingebaut)
Erstmal danke für die Verlinkung, ich bin aber mit dem Label des Links unglücklich. Es gibt meiner Meinung nach Antisemtische Stereotype in Aventurien und in den Büchern, die ich bespreche. Antisemtismus, also Feindlichkeit gegenüber dem Judentum selbst, sehe ich aber explizit nicht.
Ich habe die Hoffnung, dass Ulisses in ihre eigenen Versprechen hineinwächst. Im Grundgesetz stehen auch viele Dinge, die noch nicht umgesetzt sind. Es ist natürlich legitim sie am ihrem eigenen Aussagen zu messen.
Ich empfehle jeden, auch die Kommentare des Taz-Artikels zu lesen.
Ein bisschen mehr davon hätte ich mir gewünscht – ich persönlich finde ja, das die Sexismus- und Vergewaltigungsvorwürfe bei Monstern beiderlei Geschlecht, die man danach für Knochenmaterial verbrennt, etwas… ??? sind, angesichts der Tatsache, das das Spiel an sich eine laufende Menschenrechtsverletzung ist, wenn man es in irgendeinerweise ernst nimmt. Bzw. es wäre viel schlimmer, viel, viel schlimmer, wenn man so ein Spiel als in irgendeiner Weise mit der Realität in Verbindung bringen würde, was aber keiner machen sollte… Und Teabagging… Ja, klassischer Sexismus ???
Teabagging, echt? Das sind die „sexuellen Handlungen an Gegnern“, von denen die taz da schwafelt?
Das ist ja wohl lächerlich.
Ich glaube, Ulisses hat den Facebook-Beitrag gekippt. Wollte gerade nochmal in den Kommentaren stöbern: Beim Durchscrolen nicht gefunden, Link hier im Artikel und auch via https://nuntiovolo.de/2020/07/15/gronkh-auf-ulisses-online-con/ geht jedenfalls ins Leere.
(P.S. Auf der Ulisses-Website steht der Special Guest aber noch.)
Was genau ist denn „heftige Kritik“ auf Facebook? Meiner Meinung nach impliziert dieser Ausdruck, dass eine große Mehrheit auf Facebook Kritik an Ulisses für diese Einladung übten.
Nun habe ich die Diskussion zufälligerweise mitverfolgt und kann daher mit echten Zahlen arbeiten. An der Diskussion beteiligt waren ca. 50. Personen. Von diesen hatten ungefähr drei Personen eine klar ablehnende Haltung zu Gronkh. Die übergroße Mehrheit hingegen war sehr angetan von der Idee oder wusste schlicht nicht, wer Gronkh ist. Natürlich haben sich die genannten Gronkh-Gegner teils sehr heftig geäußert, aber das ist dann immer noch keine „heftige Kritik“.
Insofern ist dieser Artikel eher als reißerisch zu bezeichnen und nimmt es möglicherweise mit der Wahrheit nicht sehr genau. Kein gutes Urteil für einen Artikel.