Action, Dramatik und Spannung sind nicht die ersten Worte, die mir beim Gedanken an DSA-Kämpfe in den Sinn komme. Die ersten Worte sind: Aktive Parade, Untätigkeit und „Moment, das muss ich eben nachschlagen“.
Mit DSA5 soll alles besser werden, vor allem die Kämpfe, und sie vor allem sollen schneller werden.
Im Verlauf der DSA5-Betaphase stellte sich jedoch heraus: Das haut nicht hin. Im vergangenen Oktober musste Ulisses einräumen, dass die Kämpfe weiterhin zu lange dauerten. „Ein Kampf mit 5 Helden und 10 Gegnern konnte schon mal einen halben oder ganzen Spielabend dauern. Wer kein Kämpfer war, der konnte während dieser Zeit so gut wie nicht am Spiel teilnehmen“, fasste Alex Spohr das Problem zusammen.
Die bremsende Parade
Als die größte Bremse im DSA-Kampfsystem hatte Ulisses die aktive Parade ausgemacht. Diese Erkenntnis kam zwar spät, aber immerhin noch nicht zu spät für das DSA5-Regelsystem. Vor dem naheliegendem Schritt schreckte Ulisses jedoch zurück. Abgeschafft wurde die aktive Parade nicht – und das war durchaus nachvollziehbar.
Eine Abschaffung hätte nicht nur in letzter Minute das gesamte Kampfsystem über den Haufen geworfen. Sie hätte insbesondere die große Gruppe von DSA-Traditionalisten vor den Kopf gestoßen, für die eine aktive Parade sakrosankter Bestandteil des DSA-Regelsystem ist.
Also entschied sich Ulisses für eine Zwischenlösung. Die aktiven Parade wurde beigehalten, der Paradewert jedoch pauschal gesenkt. Das war zwar weder besonders elegant, noch klang es nach einem durchdachten Konzept. Aber immerhin zeugte es von einem gesunden Maß an Pragmatismus.
Schneller, aber nicht schnell
Die Änderung – das kann ich nach einem Testspiel sagen – haben dazu geführt, dass DSA5-Kämpfe tatsächlich schneller geworden sind. Schnell aber sind sie immer noch nicht. Es bleibt beim gewohnten Ablauf: Attacke-Wurf, Parade-Wurf, Schadens-Wurf, Rüstungsschutz-Abzug, Lebenspunkte-Verlust. So etwas dauert.
Nun ist Schnelligkeit kein Wert an sich. Viele Rollenspieler haben Spaß an Kämpfen – auch (oder gerade) dann, wenn ein Kampf länger dauert. Lange Kämpfe können gut sein. Kämpfe bei DSA4 aber dauerten nicht nur lange, sie waren zäh, weil Erfolge selten waren.
Vergebenes Würfeln
In der Wiki Aventurica findet sich eine Wahrscheinlichkeitstabelle für den Kampf. Sie zeigt: Wenn bei DSA4 zwei ähnlich starke Gegner aufeinandertrafen, lag die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Angriffs bei rund 25 Prozent, häufig auch deutlich darunter.
Vielleicht gibt es Spieler, die das als realistisch oder gut simuliert schätzen. Für das Spiel bedeutete das erstmal, dass drei von vier Angriffswürfen danebengingen. Würfeln ohne Effekt, nenne ich das. Macht so etwas Spaß? Mir nicht.
Die Erfolgswahrscheinlichkeit bei DSA4 ließ sich zwar durch diverse Sonderfertigkeiten modifizieren, doch die Kämpfe machte das nicht unbedingt schneller. Dafür waren die Regeln häufig zu komplex und vor allem zu kompliziert.
Wahrscheinlichkeiten im Vergleich
DSA5 hat bei den Sonderfertigkeiten aufgeräumt und die Kämpfe durch die niedrigeren Paradewerte beschleunigt. Wie viel schneller es nun läuft, lässt sich dieser Tabelle entnehmen, die die Erfolgswahrscheinlichkeiten eines Angriffs mit unterschiedlichen AT- und PA-Werten abbildet.
Der besseren Übersichtlichkeit wegen wurden Attackewerte von 6 und niedriger weggelassen. Die beiden Farben markieren ganz grob die üblichen Bereiche, in denen sich Kämpfer bei DSA5 (grün) und DSA4 (gelb) begegnen.
Als Beispiel: Bei DSA5 trifft ein Kämpfer mit einer AT von 14 auf einen Kämpfer mit PA 7 oder 8. Die Wahrscheinlichkeit eines Treffers liegt bei 45,5 bzw. 42 Prozent. Bei DSA4 trifft ein Kämpfer mit einer AT von 14 auf einen Kämpfer mit PA 12 oder 13. Die Wahrscheinlichkeit eines Treffers liegt bei 28 bzw. 24,5 Prozent.
Die beiden farbigen Bereiche sind selbstverständlich nur grobe Annäherungen. Sie gehen von der Annahme aus, dass ein Kampf zwischen zwei mehr oder weniger ebenbürtigen Gegnern ausgetragen wird. Da die Paradewerte bei DSA5 langsamer steigen als die Attackewerte, wird die Lücke zwischen den grünen und den gelben Bereich bei hohen Werten größer.
Unter diesen Annahmen zeigt sich: Gegenüber DSA4 ist die Erfolgswahrscheinlichkeit eines Angriffes bei DSA5 deutlich gestiegen (insbesondere bei hohen AT- und PA-Werten).
Finte muss sein
Durch die Überarbeitung der Sonderfertigkeit Finte (für 1 Punkt AT-Zuschlag erhält der Gegner nun 2 Punkte PA-Erschwernis) haben Spieler zudem endlich eine Möglichkeit, ihre Trefferwahrscheinlichkeit auch merklich zu steigern. Je höher der Paradewert des Gegners, desto effektiver ist der Einsatz der Finte.
Beispiel: Ein Angreifer mit AT 16 kämpft gegen einen Verteidiger mit PA 10. Die Erfolgswahrscheinlichkeit liegt bei 40 Prozent. Mit Einsatz des Manövers Finte II wird seine AT um 2 Punkte erschwert, die Parade des Gegners aber um 4 Punkte. Also effektiv AT 14 gegen Parade 6. Die Erfolgswahrscheinlichkeit liegt dann bei 49 Prozent. Jeder zweite Angriff trifft.
Ist die Finte damit ein No-Brainer-Manöver? So zumindest hat RPGnosis in seinem Blog den Einsatz dieser Sonderfertigkeit bezeichnet und geurteilt, dass die Finte „so gut wie immer angesagt werden sollte, wenn es irgendwie möglich ist“. Tatsächlich gibt es kaum Gründe, warum die Finte nicht genutzt werden sollte. Sie erhöht fast immer die Trefferwahrscheinlichkeit.
Aber wo ist das Problem? Sonderfertigkeiten sind dazu da, eingesetzt zu werden und einen Vorteil zu bringen. (Bei DSA4 übrigens war das noch anders. Dort gab es häufig Situation, in denen der Einsatz der Finte zum Nachteil des Angreifers war.)
Gestrichen und gekürzt
RPGnosis beklagt zudem, dass im DSA5-Kampfsystem viele Dinge zusammengestrichen und vereinfacht wurden. Dadurch seien viele taktische Optionen entfallen. „Das nimmt sehr viel Entscheidungsfreiheit aus dem Kampfgeschehen heraus und sorgt dafür, dass sehr schnell und einfach absehbar ist, welches Manöver bzw. welche Kombination überhaupt sinnvoll sind.“
Ich sehe darin keine Schwäche, sondern eine Stärke des neuen Regelsystems. Für das Austragen eines Kampfes sind nicht länger unzählige Details und Sonderregeln von Bedeutung, sondern nur eine überschaubare Menge von Regelelemente, deren Sinnhaftigkeit sich rasch erschließt. So sollte es sein.
24 Gedanken zu “DSA5-Kämpfe: Schneller, aber nicht schnell”
Hi,
im 2. Absatz unter der Tabelle) steht „(…)Die Wahrscheinlichkeit eines Treffers liegt bei 45,5 bzw. 32 Prozent. (…)“. Laut Tabelle hat sich da somit ein kleiner Fehler eingeschlichen. Der Wert „32“ lautet richtig „42“.
Auf jeden Fall aber vielen Dank für diesen Beitrag!
Danke für den Hinweis. Ich habe das korrigiert.
Der Vergleich der Trefferwahrscheinlichkeiten impliziert aber etwas spitzbübisch, dass „bei DSA4“ die Leute ihre TaP gleichmäßig auf AT/PA verteilt hätten – was ich kaum jemals erlebt habe. Fast jeder, den ich kenne, hat seine Werte sehr offensiv verteilt.
Der Grund dafür ist übrigens einfach: Kämpfe sind weniger dann frustrierend lang und langsam, wenn der Gegner ständig pariert, sondern vielmehr dann, wenn der Charakter häufig „danebenschlägt“. Ersteres kann man noch gut ins Kopfkino einbauen, letzteres meist eher schlecht.
Fairerweise müsste man also eher die neuen AT-PA-Werte mit den alten Offensivverteilungen vergleichen – und da sehen, gerade in den unteren und mittleren Bereichen, die Unterschiede zwischen 4 und 5 plötzlich gar nicht mehr so beeindruckend aus. Zum Vergleich:
Die in der 4. Edition ziemlich schlechtesten Werte führten zu AT/PA 6/6 (6er-Basiswerte und kein TaW), in der 5. Edition ist das 6/3. Der Unterschied in der absoluten Trefferwahrscheinlichkeit (mit Einrechnung der PA): 0,21 (DSA4) zu 0,255, also nicht einmal 5 Prozentpunkte, wenn zwei solche gegeneinander antreten.
Ziemlich beste Startwerte sind in der 5. Edition 14/9 (TaW 12, +2 aus Leiteigenschaften), in der 4. Edition etwa 16/11 (8er-Basiswerte, TaW ca. 11 [oder auch mehr], bei genannter offensiver Verteilung, da ist der Unterschied in der absoluten Trefferwahrscheinlichkeit nur 2,5 Prozentpunkt groß.
Durchaus also nicht wirklich nennenswert, der Unterschied, auf typischen Startwerten bei offensiver Verteilung. Es hätte durchaus elegantere Alternativen zur halbierten Parade gegeben, sei dies ein Qualitätssystem oder eine vorgegebene offensive Verteilung (z.B., indem nur jeder 3. TaP auf die PA gelegt werden darf).
Die nun niedrigere PA macht den RS noch wichtiger als früher, Schaden kommt kontinuierlicher rein, und es gibt weniger selbstgewähltes Risiko durch freie Ansagen. Insgesamt scheint mir das bisher einen „langweiligeren“ Kampfablauf, der primär im relativ optionsarmen Runterwürfeln des Gegners besteht, eher zu begünstigen. Womit ich natürlich nicht sagen will, dass das 4er-Kampfsystem besonders elegant gewesen wäre… aber besser finde ich das der 5. Edition nicht.
Mir geht es ähnlich wie Sebastian es in seinem Kommentar geschrieben hat. Nach meiner Erfahrung waren die AT-/PA-Werte meist gleichmäßig verteilt, bzw. lag die AT häufig 1 oder 2 Punkte höher als die PA.
Vielen Dank für den interessanten Beitrag, Arkanil! Unser Probelauf für DSA5 steht noch aus.
@Rpgnosis: Ich habe auch deine ausführliche Rezension auf deinem Blog mit großem Interesse gelesen (vielen Dank dafür!) und stimme dir in einigen Punkten zu. Aber was die Verteilung der AT-PA-Werte bei DSA4 angeht, ist meine Erfahrung eine andere. Ich habe schon in einer Reihe von Gruppen mit DSA 4 gespielt (5-6? Ist natürlich nicht repräsentativ), und abgesehen von eher defensiv ausgelegten Charakteren oder Kämpfern mit extrem viel Rüstschutz war die Punkteverteilung meist eher gleichmäßig, also mit keinen großen Unterschieden zwischen AT und PA.
Noch bevor ich den Text lese: Danke für die verwendeten Artworks, das waren noch Zeiten…
Ansonsten Stimme ich mit meiner Einschätzung deutlich mehr mit Arkanil als mit RPGandinosis über ein.
Das Problem mit der Finte sehe ich nicht so massiv, denn immerhin kann ich dann keinen Wuchtschlag machen. Ich treffe also eher, aber ein gerüsteter Gegner lacht darüber.
Man müsste mal durchrechnen, ob bei der Finte nicht auch eine 1:1 Umrechnung gereicht hätte, da jeder PA-Punkt noch wertvoller geworden ist.
Alleine, dass man eine Tabelle mit Wahrscheinlichkeiten erstellen muss, sagt ja schon so einiges über das DSA-Kampfsystem 😉
Davon ab zeigt der Praxistest: eine aktive Parade als Standardaktion macht jeden Kampf langsamer, egal ob halbe Parade oder volle. Vor allem wenn diese aktive Parade jeglichen Schaden negiert. Das hätte man mit DSA5 deutlich besser lösen können.
Die Designentscheidung „Wir halbieren die Parade einfach, weil die DSA-Fanboys ja so sehr auf ihre aktive Parade stehen“ kann ich nicht nachvollziehen. Da hätte man den Kampf auch gleich ohne aktive Parade gestalten können. Ich hoffe einfach nur, dass mit dem Kompendium Regeln für schnellere Kämpfe, sprich: Kämpfe ohne aktive Parade, kommen. Diese Attacke-Parade-Würfelorgien fand ich schon immer ziemlich langwierig und langweilig.
Nichtsdestotrotz macht DSA5 die Kämpfe schneller. Auch dadurch, dass die Regeln wesentlich stromlinienförmiger und besser verständlich sind. Der Kämpfer muss halt nicht erst eine Kurvendiskussion durchführen, um zu wissen wie viel Extraschaden er verursachen kann. Gefällt mir gut. Genauso wie das Streamlining des restlichen DSA5 Regelwerk.
Wenn jetzt noch gute, spannende Abenteuer kommen in denen es nicht nur darum geht Rübenbauer Lommel bei der Ernte zu helfen oder die ach so pösen, pösen, eigentlich doch nur missverstandenen, Ork-Räuber zu vertreiben, bin ich glücklich. Bisschen mehr Epik darf es für meinen Geschmack schon sein. Wenn ich Ommas beim Straßeüberqueren helfen will kann ich auch einfach raus auffe Straße gehen 😉
Alleine, dass man eine Tabelle mit Wahrscheinlichkeiten erstellen muss, sagt ja schon so einiges über das DSA-Kampfsystem 😉
Davon ab zeigt der Praxistest: eine aktive Parade als Standardaktion macht jeden Kampf langsamer, egal ob halbe Parade oder volle. Vor allem wenn diese aktive Parade jeglichen Schaden negiert. Das hätte man mit DSA5 deutlich besser lösen können.
Die Designentscheidung „Wir halbieren die Parade einfach, weil die DSA-Fanboys ja so sehr auf ihre aktive Parade stehen“ kann ich nicht nachvollziehen. Da hätte man den Kampf auch gleich ohne aktive Parade gestalten können. Ich hoffe einfach nur, dass mit dem Kompendium Regeln für schnellere Kämpfe, sprich: Kämpfe ohne aktive Parade, kommen. Diese Attacke-Parade-Würfelorgien fand ich schon immer ziemlich langwierig und langweilig.
Nichtsdestotrotz macht DSA5 die Kämpfe schneller. Auch dadurch, dass die Regeln wesentlich stromlinienförmiger und besser verständlich sind. Der Kämpfer muss halt nicht erst eine Kurvendiskussion durchführen, um zu wissen wie viel Extraschaden er verursachen kann. Gefällt mir gut. Genauso wie das Streamlining des restlichen DSA5 Regelwerk.
Wenn jetzt noch gute, spannende Abenteuer kommen in denen es nicht nur darum geht Rübenbauer Lommel bei der Ernte zu helfen oder die ach so pösen, pösen, eigentlich doch nur missverstandenen, Ork-Räuber zu vertreiben, bin ich glücklich. Bisschen mehr Epik darf es für meinen Geschmack schon sein. Wenn ich Ommas beim Straßeüberqueren helfen will kann ich auch einfach raus auffe Straße gehen 😉
Eigentlich ist das ein Problem Problem das schon so alt ist wie DSA. Erstaunlicherweise ist die Lösung für dieses Problem schon (fast) genauso alt. Sie setzt allerdings ein kleines Umdenken vorraus. Oder vielmehr ein erweitertes Denken. Der Punkt auf den ich hinaus will ist folgender: Bei DSA wird davon ausgegangen, daß allein ein nichtparierter Treffer Schaden anrichtet. Dem ist ist allerdings nicht so… zumindest nicht ausschließlich. Das parieren eines Angriffs kostet zumindest Kraft, bzw. Ausdauer. Dementsprechend gab es schon in der „Frühzeit“ des Pen&Paper in Deutschland Spiele, die trotz einer aktiven Parade relativ kurze Kämpfe hatten. Um es kurz zu machen: Es gibt zwei sinnvolle Varianten.
Variante 1 bezieht den Ausdauerwert mit ein. Jeder Treffer kostet nicht nur Lebenspunkte, sondern senkt auch die Ausdauer. um den gleichen Wert. Jeder Parierte Treffer senkt allein die Ausdauer. und zwar um ein Drittel (oder die Hälfte, oder ein Viertel, oder wie auch immer) des eigentlichen Schadenswertes. Ist die Ausdauer Verbraucht, ist der Kämpfer kampfunfähig, weil total erschöpft.
Variante 2 funktioniert ähnlich, läßt allerdings die Ausdauer weg. Das macht die Umstellung so simpel, das nicht mal die Regeln wirklich geändert werden müssen.
Jede parierte Attacke kostet ein Viertel des eigentlichen Schadenswertes. Fertig….
Ziel ist eine Beschleunigung des Kampfes, und sort für ein winziges Bißchen mehr Realismus: Manchmal ist man einfach zu Erschöpft um sinnvoll weiter zu kämpfen 🙂
Geht man noch einen Schritt weiter könnte man sagen das auch das Schlagen einer Attacke Kraft (sprich z.B. einen Lebenspunkt) kostet. Und fertig sind Kämpfe nach altem Muster die aber nur noch etwas mehr als halb so lange dauern….
Ich denke daß dies eine Option ist, die ohne großen Aufwand umgesetzt werden kann. Eigentlich ist es nur ein Satz…. „Parierte Attacken fügen ein viertel Schaden zu.“
problem gelöst 😉
Diese Varianten mögen vielleicht einen gewissen Realitätsbezug haben, aber SPIELtauglich sind sie absolut nicht. Kaum eine Gruppe spielte DSA4.1 mit Ausdauerregeln und sie wurden sinnvollerweise auch komplett abgeschafft und durch ein handlicheres Zustandssystem ersetzt. Einen Kampf in Realzeit beschleunigen zu wollen, in dem man noch mehr Verwaltung und Bürokratie einführt ist einfach Unsinn.
Bei einem Videogame ist das was anderes, aber in einem Brettspiel muss man immer Spielbarkeit und Abstraktion immer abwägen. Es ist spieltechnisch betrachtet auch völlig irrelevant, jeden Kratzer und kurzes aus der Puste kommen irgendwie festhalten zu müssen. Das ist nichts, was einen Kampf in einem Spiel eintscheidet oder entscheiden sollte.
Meiner Meinung nach ist die Aussage „In DSA5 ist die Parade niedriger, also ist der Kampf schneller“ nur teilweise wahr. Denn das gilt nur, wenn alle anderen Regeln gleich bleiben. Das ist hier aber nicht der Fall.
Tatsächlich fallen sogar ziemlich viele Mechanismen weg, die in DSA4 den Kampf beschleunigt haben. Erstens wäre da der Wundschmerz, mit dem man in DSA4 einen schwachen Gegner mit einem gelungenen Treffer ausschalten konnte. Zweitens der Bonusschaden durch Wunden. Drittens wurde der Schaden gerade von Zweihandwaffen deutlich gesenkt und es gibt kein TP/KK mehr. Viertens gibt es kein Gegenhalten mehr, durch das Zweihandkämpfer viel mehr Schaden verursachen konnten. Fünftens gibt es keine Alles-oder-Nichts-Manöver mehr, die Gegner ohne Paraden mit einem Schlag fällen konnten. Sechstens gibt es kein Umwandeln mehr, das gerade in Verbindung mit Kampfgespür und Wundschmerz verheerend sein konnte. Siebentens sind LeP in DSA5 sehr billig zu kaufen, wodurch es vermehrt Helden und Gegner mit >40 LeP geben dürfte.
All diese Effekte verringern den Gewinn durch die niedrigere Parade. In manchen Punkten wird das Korpendium vielleicht noch nachbessern, an anderen nicht. Das bleibt abzuwarten. Momentan glaube ich, dass der Kampf in DSA5 nicht so viel schneller ist, wie man aufgrund der niedrigeren Parade vermuten könnte.
Umgekehrt zeigt der Kampf in DSA5 meiner Meinung nach deutliche Makel. Momentan sind einzelne Kampfstile und Waffen extrem effizient, wie zum Beispiel das Rapier, der beidhändige Kampf und vielleicht noch der Schildkampf. Andere Stile wie der Kampf mit einer zweihändigen Waffe sind hingegen völlig nutzlos. Man kann leicht durchexerzieren, wie der Kämpfer mit einem Rapier und der SF Einhandwaffenkampf sehr viel besser dasteht als ein Kämpfer mit einem Anderthalbhänder oder einem Rondrakamm. Da gibt es noch ordentlichen Nachbesserungsbedarf, bis hier verschiedene Kämpfer vernünftig spielbar sind.
Ein weiterer, subjektiver Punkt, der mich am DSA5-Kampfsystem stört, sind fehlende Optionen. In DSA4 dauerte ein Kampf zwar viel zu lange, aber immerhin konnte ich Entscheidungen treffen. Eine Finte oder den gezielten Stich? Umwandeln oder doch lieber nicht? Eine Meisterparade riskieren? DSA5 ist da sehr einfach gestrickt. Ich kann verstehen, dass andere gerade das als reduziert und einfach schätzen. Für mich fühlt es sich aber ein wenig wie Mensch-Ärgere-dich-nicht an und macht mir ebenso wenig Spaß. Denn eigentlich bin ich der Meinung, dass man einfache Regeln haben kann, die trotzdem noch Optionen bieten.
Insofern sehe ich das DSA5-Kampfsystem eher mit gemischten Gefühlen. Sinnvolle Änderungen wie zum Beispiel ein einfacherer Reiterkampf und der Wegfall der Initiativeverwaltung stehen leider einem sehr einfach gestrickten System gegenüber, in dem manche Kampfstile schlichtweg nutzlos sind.
Einspruch: TP/KK gibt es durchaus noch, allerdings stark vereinheitlicht – was Zweihandwaffen allerdings nicht attraktiver macht.
Ansonsten volle Zustimmung, insbesondere auch zum Fehlen der Kampfverkürzer.
1.) Beschleunigung vs. Vereinfachung
So wie ich es sehe, wird der größte Effekt der neuen Regeln nicht die Beschleunigung der Kämpfe, sondern eine leichtere „Bedienbarkeit“ sein. Bei DSA4.1 musste man sich eben überlegen, wie man seine AT/PA-Werte verteilt (jemand, der optimierungsbewußt gespielt hat, hat sie einseitig und in der Regel offensiv verteilt), man mußte wissen, wann es klug war, eine Finte anzusagen und man mußte während des Kampfes Risikoentscheidungen treffen (aufgrund von Manöverstrafen usw.) – und dazu hatte nicht jeder die Neigung.
Das merke ich immer wieder bei unserem langjährigen Spielleiter, der halt die Werte der Gegner nimmt und dann einfach seine Attacken und Paraden würfelt, ohne irgendwelche Manöver einzubeziehen.
Sowas geht bei DSA5 jetzt wieder, ohne das System auszuhebeln: Du kannst einen Kampf ohne taktischen Input einfach ‚runterwürfeln. Das kommt denen entgegen, die von einem Kampfsystem nur ein spannendes Glücksspiel erwarten, weniger denen, die ein Taktikspiel haben möchten.
2.) Nebenwirkungen
Ich bin allerdings weiterhin skeptisch, ob man sich vernünftige Gedanken über die Nebeneffekte gemacht hat, die wie folgt zu beschreiben sind:
– Es wird kaum ein Kampf ohne Verwundungen ablaufen, wenn die PA so niedrig ist, wie die Standardregeln hergeben. Das heißt wiederum, dass Helden nach jedem Kampf nach Heilung verlangen werden, wenn sie danach noch mit dem Abenteuer fortfahren wollen – denn dagegen, sich angeschlagen in weitere unsichere Situationen zu begeben, besteht mEn eine ausgeprochene und verständliche Abneigung.
– Viele Mooks sind des Helden Tod. Durch die niedrigen Paradewerte erzielen auch schlechte Kämpfer regelmäßig Wirkungstreffer gegen perfekte Kämpfer. Auch das klassische „Ich verteidige einen Engpass gegen Horden von Nichtskönnern“-Szenario hält selbst ein erfahrener Recke dadurch nicht lange durch. Die – ja auch noch zusätzlich erschwerte – Mehrfachparade nützt da angesichts der niedrigen Werte überhaupt nichts.
Man hätte diese Probleme ggf. mit einem durchdachten Ausdauer/LE (aka Stamina/Lifeblood)-System lösen können. (Natürlich nicht mit einem Anflanschen des DSA4-Ausdauersystems.) Hat man aber nicht. Jedoch…
3.) Was tun, wenn’s nicht gefällt?
Das scheint mir die gute Nachricht zu sein – das DSA5-System bietet sich leichter zur Verhausregelung an. Das ist sogar schon im Regelwerk mit der etwas saloppen „Wenn euch die PA-Werte zu niedrig sind, dann erhöht sie halt pauschal um 2. Oder 4.“-Option enthalten. Man könnte genau so gut die „offensive Verteilung“ nach DSA4 zum Standard erheben und sagen PA=AT-5.
Etwas problematischer wird die Etablierung eines Ausdauersystems. Man könnte einfach die „obere Hälfte“ der LE in schnell regenerierte Ausdauer umwandeln.
@WULFHELM und @CURTHAN:
Ihr bringt mit euren Aussagen die Sache durchaus auf den Punkt. Nur das, was ihr kritisiert, finde ich gut.
Ja, auch in DSA4 gab es durch zahlreiche Sonderfertigkeiten und Sonderregeln die Möglichkeit, Kämpfe zu beschleunigen. Allerdings nur in dem Sinne, dass ein Kampf nach weniger Kampfrunden vorbei war.
In der absoluten Zeit gemessen, die man am Spieltisch mit Kämpfen verbracht hat, ist es nicht schneller gegangenen. Im Gegenteil, die ganzen Sonderregeln haben die Kämpfe in die Länge gezogen, weil die Anwendung zu kompliziert war.
Das trifft natürlich nicht auf DSA4-Regelexperten zu. Wer die Regeln umfänglich beherrschte, konnte sie schneller anwenden und dann waren die Kämpfe tatsächlich schneller.
Aber (und das ist ein großes ABER): Es gibt nicht so viele DSA4-Regelexperten. Und um ein DSA4-Regelexperte zu werden, muss man viel zu viel Zeit und Mühe investieren. Das ist ein Riesenhindernis für viele Spieler. Das, was ihr als Taktik bezeichnet und schätzt, ist für viele andere Spiele schlichtweg eine reine Spaßbremse gewesen.
Das war von meiner Seite auch gar nicht wertend gemeint. Wie gesagt, für unseren Spielleiter und auch die Mehrheit der Mitspieler ist ein vereinfacht zu handhabendes System, das ohne taktischen Input auskommt, ein Segen.
Ich wollte eben nur noch einmal verdeutlichen, welche unterschiedlichen Herangehensweisen an ein Kampfsystem es gibt und warum ein Knobler und Taktiker (wenn ich mich selber so bezeichne und rpgnosis da mit einbeziehe, liege ich wohl nicht falsch) mit dem System nicht ganz so glücklich wird wie jemand, dem ein spannender Abwicklungsmechanismus ohne komplexe Entscheidungen lieber ist.
Ah, okay. Na, dann sind wir ja einer Meinung. 🙂
Dass viele Meister in typischen Kämpfen nicht gerne Manöver bei DSA4.1 eingsetzt haben, hat zwei Hauptgründe:
1. Der Buchhaltungsaufwand für den Meister ist während eines solchen Kampfes so schon ziemlich hoch. Wenn da noch für jeden NPCs verschiedene Manöver und entsprechende Strafen nachgehalten werden müssen, wird es nochmal eine Stufe umständlicher.
2. Gerade weil auch schon ein simpler Wuchtschlag +4 einen Helden schnell mal in die Kampfuntauglichkeit drücken konnte, wären Kämpfe mit optimierten Manövern und sinnvollen Gegnerwerten gegen Helden für eben diese zu gefährlich.
Im Endeffekt musste sich schon eine einfache 5-köpfige Räuberbande total stumpf anstellen, damit durchschnittliche Helden ohne viel Min-Maxing möglichst siegreich davon kamen.
Ich bin schon lange klar für deutlich weniger und dafür weiterhin gefährliche Kämpfe gewesen, wo auch nicht immer alle Helden mitkämpfen müssen. DAS würde auch insgesamt die Kampfzeit an der der Gesamtspielzeit reduzieren und deutlich mehr Rollenspiel fördern. Der Zuckerbäcker hat bei einem Skirmish mit ein paar Räubern einfach nichts an der Front verloren, wenn er nicht schon richtiger Abenteurer geworden ist.
DSA5 kommt einem da bisher entgegen.
Glaub mir einfach: In diesem Fall hatte es den simplen Grund, dass der Spielleiter nicht die Neigung hatte, sich so tief in die Regeln einzufuchsen wie manche der Spieler. Es hatte garantiert nichts damit zu tun, die Gefährlichkeit niedrig zu halten – der Spielleiter hatte gar nicht den Überblick, welche Ansagen und Taktiken aus NSC-Sicht klug (ergo für die SC gefährlich) gewesen wären.
Da das auch in Kämpfen mit wenigen Beteiligten so war, kann ich die Begründung, dass es sich um ein buchhalterisches Problem handelt, auch glatt zurückweisen.
Es ist einfach so, dass das Kampfsystem von DSA4.1 vergleichsweise komplex war und ein relativ hohes Maß an geistiger Durchdringung und regeltechnischer Beherrschung erforderte. Und darauf haben – für mich völlig nachvollziehbar – viele Leute keine Lust.
In welchem Maße die beiden von mir genannten Faktoren bei euch eine Rolle gespielt haben, ist mir eigentlich zum Wurst. Ich weiß auch nicht, worauf du eigentlich hinaus willst, abgesehen von der Verunglimpfung des besagten Spielleiters.
Der Unwille die volle Sonderregel-Dröhnung als Meister für seine NPCs im Kampf einzusetzen, weil es einfach zu komplex wird, ist genau das, was ich unter dem ersten Punkt beschrieben habe. Als Spielleiter müssen die Werte und Aktionen aller Teilnehmer inkl. Magier, Geweihte etc. im Kampf registriert und koordiniert werden, zusätzlich will man sich ggf. auf einen besonderen NPCs(Anführer) konzentrieren, da muss man zwangsläufig irgendwo Abstriche machen.
Andere Systeme haben für sowas z.B. Mook-Regeln oder man hilft sich innerhalb der Runde mit verschiedenen Mitteln weiter. Ich habe zum Beispiel den Schaden an Gegnern oft auch von den Mitspielern festhalten und zwischendurch ansagen lassen, damit ich mich mehr auf die Aktionen usw. konzentrieren kann.
Ich weiß nicht, was Du hier in den falschen Hals kriegst, aber irgend etwas ist es offensichtlich.
Das DSA4.1-Kampfsystem war ihm auch als Spieler zu kompliziert, genau wie den meisten anderen Spielern in der Gruppe auch. Was daran eine „Verunglimpfung“ sein soll, musst Du mir mal erklären.
Letztendlich funktioniert der DSA5-Kampf genauso wie er sollte. Man wollte quälend lange Kämpfe verkürzen. Diese traten auf, weil man zum einen bedingt durch die Rettungswurf-Parade traf und zum anderen durch die extreme breite der Detailregeln, deren Anwendung allein schlicht schon Realzeit geschluckt hat.
Beides zusammen war eine total ungünstige Konstellation, weil man viel Zeit mit taktieren verbracht hat, durch die geringe Trefferkrate/KR dann aber gar keinen Effekt daraus ziehen konnte.
Klar haben dann doch mal eintreffende Wunden, Hammerschläge etc. Kämpfe in KR-Zeit beschleunigen können, aber in Realzeit hatte man unterm Strich durch die Buchhaltung in der Regel nicht viel gespart.
Der Ansatz für DSA5 musste daher sein:
1. Auswirkungen der Rettungswurf-Parade verringern und damit einfach mehr Wirkungstreffer/KR generieren.
2. Das Regelausmaß straffen, vereinheitlichen und leicht vereinfachen.
Beides zusammen potenziert sich zu einem insgesamt deutlich flotter von der Hand gehenden Kampf.
JA, es gibt noch Balance-Probleme und einige Extrema, aber das ist kein Vergleich mehr zur Beta, die einfach nur katastrophal war.
Rapier und Doppelrapier kann man mit einem Nebensatz/Federstrich beheben. Bei Zweihandwaffen hier und da noch auf den Basisschaden +1TP zugeben und das sollte schon für die meisten auftretenden Konstellationen ausreichen.