Traurige Suche nach einem Fantasy-Rollenspiel

purpletentacle
Purple Tentacle sucht ein Fantasy-Rollenspiel

Es gibt in Deutschland kein einziges gutes Fantasy-Rollenspiel.

Hm. Das klingt vielleicht ein wenig hart. Ich formuliere mal anders.

Es gibt in Deutschland kein einziges Fantasy-Rollenspiel, das ich richtig gut finde.

Eine Meinung übrigens, die ich mit Purple Tentacle teile. In seinem Blog Tentakelspiele hat er sich vor einigen Wochen auf die Suche nach einem Fantasy-Rollenspiel gemacht. Seine wichtigsten Kriterien waren:

  • Klassische EDO-Fantasy (Elven-Dwarf-Orcs). Gerne mit exotischen und phantastischen Elementen
  • Regeln mit einem stimmigen Verhältnis zwischen minimalistisch und komplex
  • Lieber ein Komplettpaket aus Setting und Regeln als ein universelles Regelsystem
  • Deutschsprachiges Material
  • Regelmäßiger Produktausstoß

Mit ganz ähnlichen Kriterien hatte ich mich schon mal auf die Suche nach einem Fantasy-Rollenspiel gemacht. Fündig geworden bin ich nicht. Meine Hoffnung war daher groß, dass Purple Tentacle ein passendes System auftreiben könnte. Doch auch die Ergebnisse seiner Suche waren ernüchternd.

In seinem Blog hat er die Ergebnisse zusammengefasst und die Vorzüge und Nachteile der einzelnen Rollenspiele beleuchtet. Seine Einschätzungen decken sich größtenteils mit meinen.

Das Schwarze Auge

Ich mag Aventurien und spiele dort bis heute. Doch nach vielen Jahren mit DSA4 kann ich dem Regelsystem nichts mehr abgewinnen. Es behindert mich mehr im Spiel, als dass es das Spiel unterstützt. DSA5 scheint zwar kleine Verbesserungen zu bringen, wird jedoch wohl nichts an den grundsätzlichen Problemen ändern, die ich mit dem Regelsystem habe.

An dem Setting stört mich zudem zunehmend das Kleine und Kleinteilige. Den kleinteiligen Metaplot kann ich zur Not ignorieren. Nur schwer ignorieren lässt sich aber, wenn Helden in Aventurien keine Helden sondern nur Handlanger sein dürfen. Gerne würde ich mal ein richtig episches DSA-Abenteuer spielen, mit den Helden in der Hauptrolle von umwälzenden Ereignissen. Doch in Aventurien werden Helden eher klein gehalten als groß gemacht.

Splittermond

Einige werden jetzt vielleicht wieder aufstöhnen. Aber für mich ist Splittermond nichts anderes als der Versuch, ein DSA ohne die bekannten DSA-Probleme zu erschaffen. Teilweise gelingt das sogar bislang ganz gut. Der Weltenband ist für mich das Paradebeispiel einer gelungenen Settingbeschreibung – zumindest was Struktur und Layout betrifft. Lorakis als Spielwelt hat mich aber (noch) nicht gepackt. Durch die Aventurien ähnelnde Vielfältigkeit fehlen mir die klar zu identifizierenden Reizpunkt. Was macht das Spiel in Lorakis spannend? Keine Ahnung.

Ein abschließendes Urteil über die Splittermond-Regel habe ich noch nicht gefällt. Das wäre auch etwas voreilig, erscheint der Regelband doch erst noch. Vieles am Regelsystem verspricht aber zumindest spaßfördernder zu sein, als ich es vom DSA-Regelsystem kenne. Knackpunkt könnte jedoch das Tick-System im Kampf werden, das ich als nicht brauchbar ansehe.

Savage Worlds

Seit vielleicht zwei (?) Jahren spielen wir DSA mit den Regeln von Savage Worlds. Das funktioniert einigermaßen gut. Rundum zufrieden bin ich aber nicht. Bei weitem nicht.

Der Probenmechanismus mit den explodierenden Würfeln ist unausgegoren. Der Bennie-Fluss fluppt bei mir genauso wenig wie bei Purple Tentacle. Die Angeschlagen-Regel im Kampf ist Schrott, auch den Einsatz von Bodenplänen mag ich nicht. Überhaupt verläuft der Kampf meist viel zu statisch.

Mir scheint ohnehin, dass das Regelwerk nur wenig Möglichkeiten bietet. Für alle Spielsituation gibt es ein paar wenige schlanke und einheitliche Regelmechanismen. Das ist zwar schön übersichtlich, führt aber dazu, dass die Spielsituationen immer ähnlich verlaufen. Der stets statische und unspektakuläre Kampf ist nur ein Beispiel. Grundsätzlich ähneln sich zudem Spielercharaktere in ihren Werte und Möglichkeiten stark. Auch fördert Savage Worlds erzählerische Ansätze eher nicht. Das Spiel ist verregelt, aber eben langweilig verregelt.

Vielleicht spielen wir Savage Worlds auch falsch? Keine Ahnung. Aber meine anfängliche Begeisterung für Savage Worlds ist mittlerweile verflogen.

Der Eine Ring

Das Mittelerde-Rollenspiel ist fantastisch. Ich mag es rundum. Regeln, Hintergrundmaterial und Abenteuer sind toll. Bislang habe ich noch kein Spiel gesehen, dass die Atmosphäre einer Vorlage so gekonnt an den Spieltisch bringt (wohlgemerkt: die Atmosphäre der Romane, nicht die der Filme). Das ist aber zugleich ein Problem. Einige meiner Spieler hatten nämlich das Gefühl, sich in einer Geschichte zu bewegen, die schon vollständig erzählt ist. Deswegen spielen wir es leider nicht mehr.

Dungeonslayers

Dungeonslayers habe ich noch nicht gespielt. Mein Eindruck deckt sich aber mit dem von Purple Tentacle: Das System eignet sich für One-Shots, dann ist aber auch gut.

Midgard

Auch hier zitiere ich mal Purple Tentacle:

Midgard ist für mich ein komisches Spiel. Schon seit Jahren dümpelt es völlig unaufgeregt im Rollenspielsumpf daher und fällt nicht weiter auf. Dabei scheint Midgard zahlreiche Anhänger zu haben. Das Spiel war zwar schon immer da, hat mich aber nie einen Anreiz gegeben. Und ehrlich gesagt zögere ich etwas davor das Fass aufzumachen.

Ob ich das Fass mal aufmachen soll?

Earthdawn

Vor einiger Zeit habe ich mich in das Earthdawn-Setting eingelesen und bin sehr angetan gewesen. Gleichwohl mir manche Elemente ein wenig zu phantastisch erscheinen, klingt das Spiel in Barsaive interessant. Mich schreckt aber das Regelsystem ab. Die meisten Personen, mit denen ich gesprochen habe, beurteilen die Regeln als eher… nunja… als Regeln mit Raum für Verbesserungen.

Pathfinder / 13th Age – die Lösung?

Purple Tentacle hat sich nach einer ernüchternden Suche für das kleinste Übel entschieden. Das Übel lautet: 13th Age mit Pathfinder-Abenteuern.

Das grundlegende Regelgerüst dieser beiden Systeme ist ähnlich, allerdings bietet 13th Age mehr Flexibilität und mehr erzählerische Regelansätze, die auch mir sehr gefallen. Durch den Rückgriff auf Pathfinder-Material stehen zudem zahlreiche deutsche Abenteuerbände zur Verfügung. Die Wahl von Purple Tentacle kann ich daher gut nachvollziehen.

Was mich an 13th Age aber ein wenig stört: die starke Ausrichtung der Regeln auf den Kampf. Die Kampfregeln sind detailreich und eher komplex (wenn auch nicht so schlimm wie bei Pathfinder), während alles außerhalb des Kampfs eher handgewedelt wird. Das muss man mögen, zumal die Pathfinder-Abenteuerpfade ebenfalls sehr kampflastig sind.

Kurz habe ich darüber nachgedacht, die Regeln für 13th Age für andere Settings zu nutzen, zum Beispiel mit 13th Age in Aventurien zu spielen. Das dürfte aber schwierig werden, weil 13th-Age-Charakter sehr schnell sehr mächtig werden. Zu mächtig für fast alle offizielle DSA-Abenteuer.

Ich bin daher sehr unsicher, ob 13th Age ein Regelwerk für mich sein könnte. Meine Suche nach einem
Fantasy-Rollenspiel bleibt schwierig.

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