Fans sind der Traum eines jeden Unternehmens. Kunden sind sprunghaft, kaufen heute hier und morgen bei der Konkurrenz. Wie lästig. Fans hingegen sind ganz wundervoll. Sie bauen eine längerfristige emotionale Beziehung zu ihren Fanobjekten auf und investieren viel Zeit und vor allem viel Geld. Ein Unternehmen muss eigentlich nur eins tun: Kunden zu Fans und Produkte zu Fanobjekte machen – was zugegebenermaßen nicht immer ganz einfach ist.
Ulisses scheint den entgegengesetzten Weg zu beschreiten: Aus Fans werden Kunden. Zumindest klingt es manchmal so. Es gibt im Ulisses-Blog eine „FAQ zum Kundenfeedback“, seit August läuft die Kundenumfrage und Geschäftsführer Markus Plötz wendet sich seinem Tacheles-Beitrag explizit an die Kunden von Ulisses.
Nur damit keine Missverständnisse auftreten: Semantische Feinheiten darf man nicht überbewerten. An anderer Stelle spricht Ulisses weiterhin von Fans. Dennoch scheint die von Ulisses angestrebten Professionalisierung eine teilweise Neudefinition des Verhältnisses zwischen Verlag und Spielern zur Folge zu haben. Ulisses will (zumindest in der Außendarstellung) keine Nerd-Bude sein, in der Fans für Fans schreiben, sondern ein professioneller Verlag, der seine Kunden mit interessanten Publikationen versorgt.
Diese Professionalisierung muss nicht verkehrt sein, birgt aber gewisse Risiken. Wie Moritz in seinem Blog „Von der Seifenkiste herab“ schreibt, sind DSA-Spieler eben keine Kunden, sondern in erster Linie Fans. Fans haben andere Ansprüche als Kunden. Kunden hätten die jüngsten Umstrukturierungen der DSA-Redaktion nur mit einem schlaffen Achselzucken quittiert. Doch Fans haben auf die Veränderungen mit hitzigen Diskussionen und harscher Kritik reagiert.
Ulisses sollte aufpassen, dass die angestrebte Professionalisierung nicht zu einer wachsenden Distanz zwischen DSA-Fans und DSA-Machern führt. Die Kritik an den Umstrukturierungen ist nicht zuletzt auch Ausdruck der Besorgnis über eine größer werdende Kluft zwischen den Interessen des Verlages und denen der Spieler.
Bereits jetzt gibt es unter den DSA-Fans die Tendenz zur Bildung eines kritischen Gegenpols. Diese Tendenz dürfte sich verstärken, wenn die Distanz zwischen Verlag und Spielern weiter wächst und zudem die Professionalisierung mit einer voranschreitenden Kommerzialisierung des Schwarzen Auges einhergeht. Eine relativ kleine aber meinungsbildende Fangruppe wird dann versuchen sich das zurückzuholen, was Ulisses ihnen nicht mehr bieten kann.
13 Gedanken zu “Reclaim the Game”
Guter Beitrag, dem ich zustimme.
Ulisses bleibt aber auch nicht untätig und sieht zu.
Mit den Beilunkern Reitern wird ein Instrument eingeführt um dieser Entwicklung entgegen zu wirken und wieder mehr Nähe zu schaffen.
Auch die Einführung des Redaktionsstübchens und der Feedback-Adresse ist genau dafür gedacht den Fans (und nicht nur irgendwelchen Kunden) die Gelegenheit zu geben ihrem Unmut direkt Luft machen zu können und die entstandene Kluft zu verkleinern.
Wenn man spitzfindig sein möchte -und das meine ich nicht so negativ, wie es sich anhört-, dann kann man eine wachsende Distanz sicherlich in die jüngsten Aktionen und Reaktionen von Ulisses hineininterpretieren. Auch das soll gar nicht genervt klingen, schließlich machen die Fans sich berechtigte Sorgen, ob sie a) sich weiterhin wie gewünscht ‚problemlos‘ der Erstellung eigenen Materials widmen können / dürfen / sollen, und b) ob sie auch in Zukunft mit ihren Verbesserungsvorschlägen, Wünschen und Ideen für die offizielle Produktlinie beim Verlag Gehör finden werden. Berechtigt finde ich diese Sorge insofern, als das Ulisses mMn immer noch zu wenig tut, um die Befürchtungen der Fans endlich mal solide zu entkräften!
Um mal bei Moritz zu bleiben, der schreibt ja „von der Firma, die es keinem Recht machen kann“. Das ist ja nicht ganz von der Hand zu weisen! Der „Fan“ hat ja quasi immer die Möglichkeit, sich auf auf seine Position als Kunde zurückziehen zu können. Und diese Möglichkeit wird ja auch genutzt („Hey, ich hab schließlich teuer Geld für das Ding bezahlt, und erwarte dafür ein einwandfreies Lektorat / einen funktionalen Index / eine bessere Strukturierung / … des Werkes“). Da liegt mMn auch einer der Hasen im Pfeffer! Was der Fan sich wünscht muß dem Kunden nicht gleichermaßen schmecken.
Das ist jetzt zwar nicht neu, und andere Verlage haben das gleiche Problem. In Bezug auf DSA würde ich aber doch einen Spezialfall attestieren, den ich einerseits durch die Größe und andererseits durch die äähm „Einzigartigkeit“ DSA-Community begründet sehe.
Um jetzt mal abzuschließen noch eine Binsenweisheit: ein kritischer Gegenpol ist doch toll! Solange beide (!) Pole sich offen und kompromissbereit geben können beide langfristig nur gewinnen. Es darf nur keiner den Jackpot knacken wollen… .
Der Beitrag ist sehr gut. Und ich stimme ihm zu. Ich gehöre zu dem Klientel, das auf Distanz gegangen ist.
Im Beilunker Reiter sehe ich eine reine Alibi-Funktion, die heute ins Leben gerufen und morgen zum Teufel gejagt wird.
Ich wage zu orakeln, daß in einem Jahr keiner mehr von denen vorhanden sein wird.
Das Redaktionsstübchen ist elitär. Hier wird nur derjenige zur Kenntnis genommen, der Ulisses-hörig ist und nach dem Mund redet.
Am schlimmsten finde ich die deaktivierte Kommentarfunktion beim Ulisses/DSA-Blog. Man kann also zu gewissen Beiträgen gar nich mehr reagieren.
Und wie man weiß, wird auf der Feedback-eMail-Adresse nur derjenige gehört, der im Sinne von Ulisses genehme Frage stellt.
Ich mag diesen Blog. Er ist irgendwie DSA-nahe genug um auch Einblick nähere Geschehnisse zu haben und trotzdem ausreichend kritisch, Strömungen und Tendenzen aufzunehmen, die dem Rollenspiel DSA nicht so zuträglich sind.
Bitte nicht falsch verstehen, aber ich bin bei allen Geschehnissen momentan mehr als skeptisch, ob das was vom Verlag da kommt, tatäschlich noch was mit dem Kontakt zu einer Fangemeinde zu tun hat.
Da wurde schon eine ganze Menge Porzellan zerdeppert.
Hast Du unangenehme Fragen, backalive?
Schicke mir einfach eine Mail, ich kümmere mich drum. Die Antworten bekommst Du dann von mir. Dann kannst Du gleich mal einen Beilunker Reiter in Aktion sehen. 😉
Der Gesandte der Ulisses-Propagandaabeteilung nimmt seine Arbeit auf. 😉
Mit Freude können wir verkünden das der WebLog „Arkanil“ nun die Unterstützung eines Beilunker Reiters genießt.
Ich glaube das war es was User Arkanillium eigentlich schreiben wollte.
Wir machen uns Sorgen um die hier gängige Ausdrucksweise. Aber wir sind sicher, das sich dieses Verhalten in Zukunft ändern wird. 🙂
Jawohl. 🙂
Ich finde die Sache mit den Beilunker Reiten übrigens auch gut. Das Redaktionsstübchen finde ich zwar nett, ist aber meist nur ein besseres Regeltelefon.
Aber du hast schon recht, Ulisses ist in bestimmten Beteichen durchaus um Austausch mit den Fans bemüht.
Fans sind tatsächlich super. Zu meinen SAR-Teamzeiten galt die Regel: Je nerviger der Nerd, desto mehr Bücher hat er im Schrank.
ABER: Nicht alle DSA-Spieler sind Fans. Tatsächlich sind die meisten Kunden. Ich kenne eine ganze Reihe Spieler, und die meisten würden nichtmal merken, wenn Hasbro Ulisses aufkaufen, Waldems niederbrennen und die Produktion nach Ungarn verlagern würde, um die Bücher auf Fledermaushaut zu drucken.
Fans sind „nur“ eine überschaubare Teilmenge der Kundschaft. Von daher find ich es auch semantisch nicht sonderlich schrecklich, wenn man da von „Kunden“ spricht.
An dieser Stelle sei zudem gesagt: Ich mag das DSA-Fandom. Es ist sehr aktiv, manchmal ziemlich nerdig und man kann aus den 20 Antworten auf obskure Fragen mindestens ein oder zwei raus fischen, die einem wirklich weiter helfen. Das mag jetzt negativ klingen, aber das ist für mich, gefühlt, echt was wert.
Hm… Fledermaushaut, nette Idee. 🙂
Ansonsten: Richtig, viele DSA-Spieler sind bestimmt einfach „nur“ Kunden. Aber die Spieler, die den Ulisses-Blog lesen, sind wahrscheinlich häufig Fans. Aber das ist letztlich auch egal.
Mein Beitrag zielte ohnehin darauf ab, dass Ulisses sich nicht zu sehr auf die Kunden konzentrieren sollte und darüber die Fans vergisst. Das ist das Risiko von dem ich sprach.
Danke für den klug analysierenden Beitrag.
Mich interessiert, was dieses Ding ist, um das es im letzten Satz des Blogeintrags geht. Das, was Ulisses denen / uns / mir nicht mehr bieten kann.
@ dx1: Auf diese Frage wirst Du wohl sehr unterschiedliche Antworten bekommen. Je nachdem wen Du fragst. Dieses „Ding“, wie Du geschrieben hast, ist der Platzhalter für all die Dinge, die in den Augen der Fans bei Ulisses schief laufen.
Ich sehe mich nicht als Teil eines kritischen Gegenpols, sondern wollte nur auf die Entwicklung aufmerksam machen. Ich kann mir aber vorstellen, dass es Fans gibt, die sich z.B. mehr Mitsprache bei DSA wünschen, oder die eine andere Produktestrategie wünschen, oder ein neues Regelsystem, oder, oder…
Dem ist wohl so! Allerdings ist das alles nicht neu, und eben nicht erst ’seit Ulisses‘ so. Das Problem dabei ist, das man eben DAS nicht wird lösen können. Dafür gibt es einfach zuviele unterschiedliche Strömungen in der „Community“. Manche wollen DSA4 entschlacken, manche gleich DSA5, manche wollen ‚back to the roots‘. Manche rufen laut nach vielen neuen Publikationen, manche jammern ‚wovon soll ich das denn alles bezahlen’… .
Es gibt sie ja gar nicht, DIE Community! Es gibt ’nen Haufen DSA-Spieler (und ’nen Haufen Sammler…), und einige davon (ich schreibe bewußt nicht ‚viele‘) sind halt im Web unterwegs und aktiv. Einige davon verstehen sich dabei als Sprachrohr, und glauben, im Interesse DER Community zu sprechen. Aber was will DIE Community denn? Ist die denn irgendwie organisiert? Gibt es auch nur einen Kritikpunkt oder Änderungswunsch (mal abgesehen von den PR-technischen Knieschüssen), über den sich DIE Community einig wäre?
In Unternehmen z.B. gibts Betriebsräte. Die vertreten die Interessen der Arbeitnehmer (oder sollen das zumindest), und bilden diesbzgl. einen kritischen Gegenpol (sic) zu den Arbeitgebern. Die können aber nicht jeden Wunsch durchdrücken, und sind natürlich andererseits auch in der Pflicht, das der Laden weiterlaufen kann.
Da macht man dann entweder mit (bei dem Gegenpol), und versucht, für alle ein bißchen Profit durch Kompromisse herauszubekommen – oder man hält sich halt ‚raus und beschwert sich nicht. Auf das Bild übertragen möchte aber jeder „Fan“ eine Privataudienz bei der Geschäftsleitung: „Pass ma auf Scheff, wenn Du nicht sofort meine Drehmaschine grün und pink kariert lackieren lässt, dann streiken wir!“.
Disclaimer: das ist überspitzt dargestellt, und das ist Absicht. Ich bitte darum, die hinkenden Teile des Vergleichs nicht zur Grundlage von Wortklaubereien zu machen. Kurz: Ihr versteht, was ich meine?!